Bundesaußenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) sticht wahrscheinlich nicht zu hoch, wenn er sagt, er sehe niemand in Europa, der unter solchen Umständen mehr und Geeigneteres zur Überwindung der Krise beitrage als eben die größte Volkwirtschaft in der EU.
Konjunkturhilfen von 50 Milliarden Euro stellen sich dem Bürger als eine zunächst unfassbar große Summe dar. Sie ist es auch gerade für eine Regierung, die sich mit Leidenschaft dem Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes verschrieben hatte und diesem schon zum Greifen nahe war.
Andererseits entsprechen die 50 Milliarden gerade einmal zwei Prozent des jährlichen deutschen Bruttonationaleinkommens. Der Aufwand wird zudem auf zwei Jahre verteilt und im Wesentlichen erst ab Mitte 2009 wirksam werden. Das Letztere ist mehr als ein Schönheitsfehler in einer Krisensituation, die unverzügliche Abhilfe verlangt.
Ein Kuchen mit vielen Zutaten
Doch es haben drei Parteien den Teig für den nun präsentierten Kuchen geliefert und geformt und so sieht er auch aus. Er enthält "von allem etwas und für alle etwas". Doch das muss nicht unbedingt sein Nachteil sein. Die Gelder werden zu etwa gleichen Teilen für staatliche Investitionen und finanzielle Entlastungen der Bürger verwandt.
Die staatlichen Investitionen in Höhe von 18 Milliarden Euro sollen zu zwei Dritteln in Kindergärten, Schulen und Hochschulen, also in die Bildung fließen, und das sollte auf lange Sicht gut angelegtes Geld sein. Die etwa gleich hohen Aufwendungen zur Entlastung der Bürger teilen sich hälftig auf, einerseits in eine Senkung des gerade erhöhten einheitlichen Krankenkassenbeitrags und andererseits in Steuerleichterungen sowie Zuwendungen für Kinder.
Wäre es nach der SPD gegangen, hätte man sich in letzterer Hinsicht großzügiger gezeigt und es nicht bei arg bescheidenen einhundert Euro pro Kind belassen. Mehr als einige hundert Euro jährlicher Zugewinn springen bei dem Ganzen für Ledige wie für Familien mit Kindern nicht heraus. Der Anreiz, mehr Geld auszugeben, hält sich in engen Grenzen.
Nicht alles auf eine Karte gesetzt
Dem Paket fehlt jene wuchtige Eindeutigkeit und schlichte Einfarbigkeit, die Stimmen außerhalb der Koalition mit jeweils guten Argumenten bevorzugt hätten. Weder ist man dem Rat gefolgt, alles Geld in staatliche Investitionen zu stecken, um sich auf diese Weise der gewünschten Wirkung ganz sicher zu sein. Noch hat man mit dem ganzen Aufwand die Kaufkraft der unteren Einkommensbezieher gestärkt, die nach aller Erfahrung alles zusätzliche Geld in die Geschäfte tragen. Und ebenso wenig hat man sich getraut, alles auf die Karte einer Senkung der Mehrwertsteuer zu setzen, um auf diese Weise die Binnenkonjunktur zu beflügeln.
Momente der Hoffnung
Doch gibt es hoffnungsvolle Momente auch jenseits der 50 Milliarden: diese haben mit einiger Wahrscheinlichkeit ein ähnlich großes Gewicht und manche vielleicht sogar einen greifbareren Nutzen. Da ist vor allem die Möglichkeit einer Verlängerung der Kurzarbeit auf 18 Monate zu nennen, die Ausweitung von Mindestlohnregelungen auf die Zeitarbeit oder auch die vorübergehend mögliche, beschleunigte Abschreibung von Investitionen. Das alles waren Anliegen und Initiativen insbesondere der SPD.
Nicht nur für Opel könnte sich der ebenfalls beschlossene Garantiefonds im Umfang von maximal 100 Milliarden sehr schnell als existenzsichernd erweisen. Der Fonds soll mit Kreditbürgschaften finanziell klammen Unternehmen über eine hoffentlich nur vorübergehende Durststrecke hinweghelfen. Doch bleiben neue Aufträge dauerhaft aus, trägt der Staat in jedem Falle den Schaden, ob nun als Bürge oder auch als Teilhaber, wie es Ministerpräsident Jürgen Rüttgers, aber sonst fast niemand wollte.
Unterstützung durch Ölpreis und Notenbankzins
Unterstützung erfährt die Konjunktur auch ohne jede staatliche Nachhilfe durch den sinkenden Ölpreis, der deutsche Verbraucher und Unternehmer im Umfang von über zehn Milliarden entlastet. Und schließlich darf man sich auch einiges von der in dieser Woche anstehenden nächsten, aber sicherlich nicht letzten Senkung der Notenbankzinsen erhoffen.
Das alles begünstigt zunächst nur die Binnenwirtschaft. Die deutsche Volkswirtschaft stützt sich jedoch schwergewichtig auf den Export. Was aber in den USA, in China oder in Indien passiert, steht außerhalb der Macht dieser Bundesregierung. Es ist einem Beteiligten, dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Peter Struck, zu danken, dass er dies in aller Nüchternheit gesagt hat.
Die Politik hat einige düstere Wolken am Konjunkturhimmel beiseite geschoben, aber damit ist die ganze Szene noch nicht aufgehellt. Das wäre auch unter den gegebenen Umständen auch zu viel
verlangt. Jetzt heißt es, erst einmal warten und auf Wirkung hoffen.