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Verbände warnen: Agrarkonzerne werden immer mächtiger

Sie heißen Monsanto, Wal-Mart oder BASF: Ein neuer Lebensmittel- und Agraratlas, der „Konzernatlas 2017“, führt die größten Firmen der Branche auf und ihren rasant wachsenden, weltweiten Einfluss.
von Yvonne Holl · 10. Januar 2017
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Was wir essen, unter welchen ökologischen und sozialen Bedingungen es produziert, gehandelt und verkauft wird, zunehmend wird das bestimmt von wenigen Großkonzernen. Das kritisieren die Herausgeber des „Konzernatlas 2017“. Demnach machen nur 50 Konzerne 50 Prozent des weltweiten Umsatzes bei der Lebensmittelherstellung. Mit stark steigender Tendenz, da in der Branche ein regelrechter Fusions- und Übernahmeboom ausgebrochen ist.

Die Macht der Großkonzerne wächst

Laut „Konzernatlas“ fanden zwölf der kapitalintensivsten Übernahmen in den vergangenen beiden Jahren im Agrar- und Ernährungsbereich statt. Allein 2015 lag der Wert der Fusionen bei 347 Milliarden US-Dollar – das ist fünf Mal so viel wie in den Bereichen Pharma oder Öl. Das Ergebnis: Vier Großkonzerne kontrollieren 70 Prozent des Welthandels mit Agrar-Rohstoffen. Drei Konzerne dominieren 50 Prozent des Weltmarkts für Landtechnik. In Deutschland decken vier Supermarktketten 85 Prozent des Lebensmittel-Einzelhandels ab.

„Die gesamte Wertschöpfungskette ist betroffen“, kritisiert Barbara Unmüßig aus dem Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Die Böll-Stiftung ist mit der Hilfsorganisation Oxfam, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch und der Zeitung „Le Monde Diplomatique“ Herausgeber des Konzernatlas.

„Vielfalt bliebt auf der Strecke“

Die Initiatoren wollen auf die „Folgen der enormen Machtkonzentration“ (Barbara Unmüßig) hinweisen. Diese seien weltweit zu spüren. „Höfesterben, Landkonzentration, Patente und Monokulturen – das sind die Folgen der Konzernmacht im Ernährungssektor.“ Bauern und Konsumenten seien massiv abhängig von Konzernentscheidungen. „Die Vielfalt für Ernährung und Natur bleibt auf der Strecke“, so Unmüßig.

Der „Konzernatlas“ selbst ist ein 50-seitiges Heft voller Zahlen und Informationen über Firmen aus der Agrarbranche. Welchen Konzernen gehören welche Ländereien, welche Hersteller machen den größten Umsatz, welche Konzerne haben fusioniert, wie hoch ist der Wasserverbrauch für Haushalte, Industrie und Landwirtschaft im Vergleich. All diese Zahlen haben die Initiatoren zusammen getragen, weil es wichtig sei, öffentlich „eine Debatte zu führen, darüber wer eigentlich verantwortlich ist für Fehlentwicklungen in der Landwirtschaft“, so der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. In der öffentlichen Wahrnehmung seien die Landwirte Schuld an Artenausrottung, Pestiziden im Boden und nicht artgerechter Tierhaltung.

Rahmenbedingungen ändern

Verantwortlich seien jedoch nicht einzelne Landwirte sondern Rahmenbedingungen –  die auch durch europäische und deutsche Gesetze geschaffen würden, durch Handelsabkommen und Wirtschaftsförderung. Konkret fordern die „Konzernatlas“-Herausgeber eine Verschärfung des hiesigen Kartellrechts, damit einzelne Unternehmen nicht mehr so großen Einfluss auf die Preise der Erzeuger, etwa bei Milch, ausüben können. Zudem sollte ökologische Landwirtschaft stärker staatlich gefördert werden.

Unter dem Motto „Wir haben Agrarindustrie satt“ rufen Sozial- und Naturschutzverbände am 21. Januar zu einer Demonstration am Potsdamer Platz auf. (Beginn 12 Uhr)

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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