US-Vorwahlen: So schadet Sanders den Demokraten und Clinton
Hätte vor einem Jahr jemand behauptet, ein politisch unerfahrener, milliardenschwerer Unternehmer mit frauenfeindlicher Attitüde und der breitbeinigen Haltung eines Cowboys, würde zum republikanischen Kandidaten für die US-Wahl 2016, man hätte ihn ausgelacht. Nun, kurz vor den letzten wichtigen Vorwahlen am 7. Juni, lacht niemand mehr. Gewählt wird in Kalifornien, Montana, New Jersey, New Mexico und South Dakota (die Demokraten wählen zusätzlich in North Dakota) – und wenn nicht noch ein Wunder passiert, wird Trump beim Wahlparteitag der Republikaner vom 18. bis 21. Juli zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten gekürt.
US-Vorwahlen: Clinton liegt klar vor Sanders
Bei den Demokraten läuft wohl alles auf Hillary Clinton hinaus. Die letzten beiden Vorwahlen Demokraten am Wochenende auf den Jungeferninseln und in Puerto Rico gewann Clinton klar vor Sanders. Damit hat sie ihren Vorsprung weiter ausgebaut. Sanders hat allerdings - davon völlig unbeeindruckt - angekündigt, bis zum Wahlparteitag vom 25. bis 28. Juli weiterzukämpfen – selbst, wenn Clinton dann bereits die für die Nominierung nötigen Delegiertenstimmen zusammen hat.
Momentan hält Clinton 2340 Delegierten-Stimmen (inklusive 525 Superdelegierte), Sanders 1555 Stimmen (inklusive 39 Superdelegierte). Die Superdelegierten sind, im Gegensatz zu den normalen Delegierten, auf dem Demokraten-Parteitag keinem der Kandidaten verpflichtet und in ihrer Wahl frei. Zur Nominierung notwendig sind die Stimmen von 2382 Delegierten. Sanders hat also kaum noch eine realistische Chance, Clinton einzuholen. Er müsste dafür in Clinton-freundlichen Staaten wie Kalifornien und New Jersey gewinnen – sehr unwahrscheinlich.
Sanders beunruhigt US-Demokraten
Aber Sanders gibt sich kämpferisch. Er will das Duell gegen Clinton auf den demokratischen Parteitag in Philadelphia tragen – und nicht nach der letzten Vorwahl am 14. Juni in Washington D.C. aufhören. „Wir sind hier dabei bis der letzte Stimmzettel ausgezählt ist… und dann tragen wir den Kampf nach Philadelphia“, verkündete Sanders. Nicht allen gefällt das. Viele Demokraten finden, Sanders sollte aus dem Rennen aussteigen, sobald Clinton die nötigen Delegiertenstimmen zusammen hat. Die Befürchtung: Tut er das nicht, könnte er der demokratischen Partei damit langfristig schaden.
Denn Bernie Sanders‘ Kampagne konzentriert sich immer mehr darauf, die demokratische Partei anzugreifen. Sanders selbst möchte zwar von den Demokraten als Präsidentschaftskandidat nominiert werden, ist der Partei aber erst Ende vergangenen Jahres beigetreten. Und diese Außenseiterrolle nutzt er nun, um Parteistrukturen und -inhalte zu kritisieren. „Die demokratische Partei hat eine Wahl“, sagte Sanders: „Sie kann ihre Türen öffnen und Menschen in der Partei willkommen heißen, die bereit sind, für echten wirtschaftlichen und sozialen Wandel zu kämpfen. Oder die Partei kann sich dazu entschließen, ihre derzeitige Struktur zu behalten, von der Kampagnen-Unterstützung durch Superreiche abhängig und eine Partei mit eingeschränkter Teilnahme und eingeschränkter Energie zu bleiben.“
Sanders buhlt um und schimpft über Superdelegierte
Was Sanders eigentlich meint, ist: Wählt Clinton, ein Gewächs dieser Partei, und die Partei kann nicht mehr gerettet werden. Sollte Clinton gewinnen, dann nur aufgrund eines unfairen Wahlsystems. So sieht es Sanders. Seine Kritik konzentriert sich dabei besonders auf die Superdelegierten – allerdings setzt Sanders‘ Team auf genau diese Superdelegierten, um sich beim Wahlparteitag vielleicht doch noch die Nominierung zu sichern. Sanders‘ Ziel ist es, so viele Superdelegierte wie möglich auf seine Seite zu bringen, damit diese die Zahl der einfachen – gebundenen – Delegierten ausgleichen.
Es ist eine erlaubte Strategie, aber auch eine seltsame. Immerhin haben in den Vorwahlen bis jetzt über 3 Millionen Menschen mehr für Hillary Clinton gestimmt als für Bernie Sanders. Sollte Sanders es schaffen, auf dem Parteitag eine große Zahl Superdelegierter auf seine Seite zu ziehen, würde das die Stimmen dieser Menschen negieren. Einerseits inszeniert Sanders sich also als Außenseiter, der aufgrund eines manipulierten Systems keine Chance hat. Andererseits bedient er sich genau dieses Systems, um sich doch noch den Sieg zu sichern. Revolution sieht anders aus.
Einigung der Demokraten wird schwierig
Auf The Daily Beast schlägt der amerikanische Autor Michael Wolraich vor, Sanders solle bis zur letzten Vorwahl dabei sein, danach aus dem Rennen aussteigen – und dann Forderungen stellen. Er sollte, so Wolraich, einen Preise für seine Loyalität fordern: eine Rede auf dem Wahlparteitag, progressive Stimmen in Clintons zukünftigem Kabinett. Dafür müsse er aber seinerseits dafür sorgen, dass seine Anhänger einen sicheren Halt in der Partei bekommen und aus dieser aufstrebenden Fraktion eine dominierende Kraft wird.
So oder so: In der demokratischen Partei sind durch das Duell Sanders-Clinton Risse entstanden – ähnlich wie 2008, als Hillary Clinton gegen Barack Obama antrat. Diese zu kitten, das wird die große Aufgabe nach dem Wahlparteitag im Juli. Ein Trost dürfte für die Demokraten sein, dass es um die republikanische Konkurrenz bedeutend schlechter bestellt ist. Prominente Republikaner wie Jeb Bush haben schon jetzt angekündigt, Donald Trump nicht zu wählen. Parteiintern tun sich da nicht nur Risse, sondern Gräben auf. Es ist nicht abzusehen, was ein Präsidentschaftskandidat und, möglicherweise, Präsident Trump, für die Republikaner bedeuten würde.