US-Präsidentschaftswahl: Warum die Gewerkschaften auf Joe Biden setzen
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Seit der Großen Depression der 30er Jahre war kein Tag der Arbeit für die Arbeiter*innen der USA von so großer Ungewissheit geprägt wie der diesjährige. Die Zukunft erscheint bedrohlich: Die USA sind politisch und gesellschaftlich polarisierter als zu irgendeinem Zeitpunkt seit dem 19. Jahrhundert. Dazu kommt, dass das Coronavirus die Situation aufs Äußerste verschärft hat.
Die Trump-Regierung hat in der Krise versagt und so das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Regierung weiter untergraben. Dieses Scheitern hat die Wirtschaft in die tiefste Talfahrt seit der Großen Depression geschickt und mit beispielloser Geschwindigkeit Millionen von Menschen in die Arbeitslosigkeit gestürzt: 29 Millionen Amerikaner*innen beziehen Arbeitslosenunterstützung und mehr als drei Millionen Jobs sind während der Pandemie komplett verloren gegangen.
Entscheidende Rolle der US-Gewerkschaften
Nicht nur deshalb spielt das Thema Wirtschaft eine zentrale Rolle im Wahlkampf, dessen Endphase mit dem Labor Day am 7. September begonnen hat. Präsident Trump genießt weiterhin einen Vorsprung vor seinem Herausforderer Joe Biden, wenn es um die Frage geht, wem mehr Wirtschaftskompetenz zugetraut wird. Hier wird das Biden-Team in den nächsten Wochen hart arbeiten, um auch den letzten verbliebenen Vorsprung des Amtsinhabers zu verkleinern. Ein zentraler Partner dabei werden die US-Gewerkschaften sein. Sie spielen bei der Mobilisierung zur Stimmabgabe eine ganz entscheidende Rolle.
Wie wichtig die Mobilisierung der weißen Arbeiter*innenklasse ist, also der weißen Wählerinnen und Wähler ohne vierjährigen College-Abschluss, zeigen die vergangenen Präsidentschaftswahlen. Weiße Wähler*innen der Arbeiterklasse in den umkämpften Bundesstaaten des Mittleren Westens (wie Michigan, Minnesota, Ohio, Pennsylvania und Wisconsin) waren entscheidend für Donald Trumps Sieg. Eine neue Umfrage der Blue-Green Alliance – also der Allianz aus Gewerkschaften und Umweltgruppen – zeigt, dass Joe Biden durchaus Chancen hat, die Unterstützung einer kritischen Masse dieser Wähler*innen zu gewinnen.
Bidens arbeitnehmerfreundliches Programm
Zugute kommen wird ihm dabei zum einen sein Erfolg als Sammler von Wahlkampfspenden: Fast 365 Millionen Dollar konnten Joe Bidens Wahlkampfteam und die Demokraten allein im August an Spenden einnehmen. Ein Rekord. Soviel hat selbst Obama – der Meister aller Kleinspenden – in einem Monat nicht reinholen können. Ein wichtiger Schub war sicherlich die Nominierung von Kamala Harris zur ersten afro-amerikanischen Vizepräsidentin.
Noch wichtiger aber ist Bidens arbeitnehmerfreundliches Programm. Dies ist auch der Grund, weshalb sich die Gewerkschaften mehrheitlich hinter Biden versammeln. Er kämpft genau wie sie für Maßnahmen, die tatsächlich den Arbeitnehmer*innen zugutekommen: ausreichenden Gesundheitsschutz, angemessene Bezahlung, Elternzeit, und eine nationale Strategie, um US-Arbeitnehmer*innen vor den negativen Folgen der Globalisierung zu schützen.
Während Trump 2016 mit genau diesem Versprechen angetreten war, hat er stattdessen Steuergeschenke an Reiche gegeben und desaströse Handelskriege angezettelt. Jared Bernstein, einer von Bidens wirtschaftspolitischen Beratern, sagte, dass "Biden aggressiv gute Jobs hier in Amerika verfolgen wird, während Trump vorgab, dies zu tun. Das ist der Unterschied zwischen Reality und Reality-TV."
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Der Text erschien zuerst auf der Seite der Friedrich-Ebert-Stiftung in den USA und in Kanada.