UNICEF: Jedes zehnte Kind wächst im Krieg auf
„Wir erleben weltweit eine der schlimmsten Phasen von Konflikten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es besteht die Gefahr, dass ganze Generationen von Kindern Gewalt und Instabilität als normalen Teil ihres Lebens ansehen.“ Mit dieser Warnung leitete Ted Chaiban, Programmdirektor von UNICEF International, die Veröffentlichung des UNICEF-Reports 2015 „Kinder zwischen den Fronten“ am Dienstag ein. Jedes zehnte Kind auf der Welt wächst nach UNICEF derzeit in einem Land oder einer Region auf, die von bewaffneten Konflikten geprägt ist. Das sind weltweit rund 230 Millionen Kinder. Die Hälfte der weltweit 60 Millionen Flüchtlinge sind Minderjährige.
UNICEF fordert Beteiligung der Zivilbevölkerung
Aufgrund dessen fordert UNICEF eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Regierungen und Konfliktparteien, um Kinder in Katastrophengebieten besser zu schützen. In etwa der Hälfte aller bewaffneten Konflikte würde innerhalb von fünf Jahren nach ihrem Ende erneut Gewalt ausbrechen, wie zum Beispiel im Südsudan. Einen Friedensprozess erfolgreich zu gestalten gelingt nur, wenn nicht nur die verfeindeten Konfliktparteien miteinander reden sondern auch die Zivilbevölkerung beteiligt wird, so UNICEF.
Das hat auch allen Grund: Auch der UN-Sicherheitsrat listet für 2014 insgesamt 23 Konfliktsituationen auf, in denen Kinder schwerste Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Das Ausmaß der Gewalt gegen Kinder und Zivilisten sei besonders stark in Syrien, im Irak, im Südsudan und in der Zentralafrikanischen Republik. Gruppen wie der IS in Syrien und dem Irak sowie Boko Haram in Nigeria würden bewusst die Prinzipien des humanitären Völkerrechts missachten. Hierzu gehören auch gezielte Entführung und die sexuelle Versklavung von Kindern und Jugendlichen sowie Hinrichtungen und Folter. Die Zahl der Kinder, die im israelisch-palästinensischen Konflikt starben, stieg laut UNICEF 2014 stark an.
Allein 2015 über 62 Millionen hilfebedürftige Kinder
„Lasst uns Kindern und Jugendlichen eine Chance geben“, fordert Chaiban. Die große Zahl von Konflikten und Katastrophen erfordert ein nie dagewesenes Maß an Nothilfe. Allein 2015 brauchen laut UNICEF über 62 Millionen Kinder in Krisengebieten lebensrettende Maßnahmen für mehr als drei Milliarden Dollar. „Humanitäre Hilfe muss auch langfristig Perspektiven für Kinder und Jugendliche schaffen“, so Chaiban. „Wir geben Kindern durch Bildung Zukunft.“
Die Bundesregierung hat die internationale UNICEF-Arbeit seit 2013 mit insgesamt rund 210 Millionen Euro unterstützt. Deutschland ist heute weltweit einer der wichtigsten Partner von UNICEF um Kindern in den ärmsten Entwicklungsländern und in Krisengebieten zu helfen. Insgesamt finanziert sich UNICEF Deutschland zu rund 75 Prozent aus staatlichen Mitteln und zu knapp 25 Prozent aus privaten Spenden. Problematisch sei, dass die Spendenbereitschaft der deutschen Bevölkerung bei lang anhaltenden Kriegen sinke, so der Vorsitzende von UNICEF Deutschland, Jürgen Heraeus. Bei Naturkatastrophen sei die Spendenbereitschaft generell höher. Gerade deshalb sei UNICEF auf private Spenden und ehrenamtliches Engagement angewiesen.
studiert an der „Zeppelin-Universität“ in Friedrichshafen. Zurzeit ist sie für ein Auslandssemester in Washington, D.C.