Ukraine: Warum der Angriff Russlands gegen das Völkerrecht verstößt
imago images/CTK Photo
Grundsätzlich gilt nach der UN-Charta ein Gewaltverbot zwischen den Staaten. Krieg wird nicht mehr als Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln akzeptiert.
Schwachstelle von Putins Argumentation
Russlands Präsident Wladimir Putin hat die russische Militäroperation in der Ukraine in seiner Fernsehansprache damit begründet, dass Russland von den Volksrepubliken Donezk und Luhansk um Hilfe gebeten wurde. Er habe daraufhin gemäß Artikel 51 der UN-Charta eine Militäroperation angeordnet. Artikel 51 erlaubt den Einsatz von Gewalt zur Selbstverteidigung. Auf dieser Grundlage können auch andere Staaten dem angegriffenen Staat militärisch bei der Selbstverteidigung helfen.
Die zentrale Schwachstelle von Putins Argumentation ist, dass er die Volksrepubliken Donezk und Luhansk als Staaten behandelt. Bis vorige Woche gehörten die Gebiete völkerrechtlich noch eindeutig zur Ukraine – auch wenn die ukrainische Regierung seit April 2014 dort keine Kontrolle mehr ausüben konnte. Die mit verdeckter russischer Hilfe errichteten Volksrepubliken hatten zwar faktisch staatsähnliche Macht, wurden aber international nicht als Staaten akzeptiert. Auch Russland hat sie erst am Montag anerkannt.
Was das Völkerrecht sagt
Völkerrechtlich ist es nur unter sehr engen Bedingungen möglich, dass sich Teile eines Staates abspalten, um einen eigenen Staat zu bilden. So genügt es nicht, dass sich eine Mehrheit der betroffenen Bevölkerung für eine Abspaltung ausspricht. Deshalb wurde auch eine Abspaltung Kataloniens von Spanien nicht anerkannt. Entsprechende Volksabstimmungen in den Rubliken Donezk und Luhansk wurden international nicht akzeptiert.
Völkerrechtlich anerkannt wird eine Sezession nur, wenn es gilt, eine massive Unterdrückungssituation, etwa einen drohenden Völkermord, abzuwenden. Diese Sichtweise wird grundsätzlich auch von Russland geteilt, das sogar die Abspaltung des Kosovo von Serbien ablehnte.
Offensichtliche Schutzbehauptungen
Wohl auch deshalb wurde von russischer Seite in den letzten Tagen immer wieder ein "Genozid" an der Bevölkerung in den Republiken Donezk und Luhansk behauptet. Dabei handelt es sich aber um offensichtliche Schutzbehauptungen. Militärische Auseinandersetzungen um die Kontrolle des Gebietes hatten keinesfalls das Ziel, die Bevölkerung der Volksrepubliken zu vernichten.
Die Hilfsbitten der international nicht anerkannten Volksrepubliken können also die russischen Militärmaßnahmen gegen die Ukraine nicht rechtfertigen. Zudem gab es auch gar keinen aktuellen Angriff der Ukraine auf die Volksrepubliken. Auch deshalb konnte Russland hier keine legale Hilfe bei der Selbstverteidigung leisten.