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Ukraine-Krieg: Große Mehrheit unterstützt Kurs von Kanzler Scholz

Die Deutschen wollen mehr Engagement der Bundesrepublik in internationalen Krisen. Das zeigt eine Umfrage der Körber-Stiftung. Besonders die Haltung der SPD-Wähler*innen hat sich verändert.
von Lars Haferkamp · 25. März 2022
Der Bundeskanzler im Mittelpunkt: Olaf Scholz (m.) begrüßt als Präsident der G7 am 24.03.2022 den japanischen Ministerpräsidenten (l.) Fumio Kishida, dahinter (v.l.n.r.) US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Kanadas Premierminister Justin Trudeau.
Der Bundeskanzler im Mittelpunkt: Olaf Scholz (m.) begrüßt als Präsident der G7 am 24.03.2022 den japanischen Ministerpräsidenten (l.) Fumio Kishida, dahinter (v.l.n.r.) US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Kanadas Premierminister Justin Trudeau.

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und die Reaktion der Bundesregierung darauf haben bei den Deutschen zu einem Einstellungswandel geführt. Mit 67 Prozent spricht sich erstmals eine deutliche Mehrheit der Bürger*innen für ein langfristiges Engagement Deutschlands bei internationalen Krisen aus. Das zeigt eine aktuelle Umfrage der Körber-Stiftung zum Ukraine-Krieg.

Die gestellte Frage lautete: „Der Krieg in der Ukraine stellt einen Einschnitt in der deutschen Außenpolitik dar. Was denken Sie: Sollte sich Deutschland in Zukunft bei internationalen Krisen weiterhin engagieren oder sollte sich Deutschland künftig eher zurückhalten?“ Im September 2021 hatten deutsches Krisen-Engagement lediglich 45 Prozent der Befragten befürwortet.

Deutliche Verschiebung bei SPD-Wähler*innen

Der Paradigmenwechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik zeigt sich besonders deutlich bei der SPD-Wählerschaft. Seit 2019 hat sich hier die Zustimmung zu einem stärkeren außenpolitischen Engagement Deutschlands mehr als verdoppelt: von 37 auf jetzt 75 Prozent. Für die SPD ein durchaus relevanter Befund. In der Vergangenheit war die Partei dem Kurs ihres Kanzlers nicht immer so geschlossen gefolgt, denkt man etwa an den NATO-Doppelbeschluss unter Kanzler Helmut Schmidt oder die Agenda 2010 unter Kanzler Gerhard Schröder.

Beim Wunsch nach einem langfristigen internationalen Engagement zeigt sich erstmals auch ein deutlicher Ost-West-Unterschied in Deutschland. Während knapp 55 Prozent der Ostdeutschen ein langfristiges Engagement befürworten, beträgt die Zustimmung im Westen 70 Prozent.

Klare Zustimmung für Scholz' Kurswechsel

„Der deutliche Zuspruch für mehr internationales Engagement belegt, dass der sicherheitspolitische Paradigmenwechsel der Bundesregierung bei der Bevölkerung angekommen ist“, analysiert Nora Müller, die Leiterin des Bereichs Internationale Politik der Körber-Stiftung, die Umfrageergebnisse. „Ob die öffentliche Zustimmung anhält, hängt allerdings davon ab, wie gut es der Politik gelingt die Bundesbürger bei der Umsetzung der ‚Zeitenwende‘ mitzunehmen.“

Angesichts des Ukraine-Krieges wird die Partnerschaft mit Frankreich für die Deutschen wichtiger. Für 35 Prozent der Befragten ist Frankreich der wichtigste Partner Deutschlands, 2021 sahen dies nur 27 Prozent so. Damit messen die Bürger*innen ihrem europäischen Nachbarn derzeit eine ähnlich große Bedeutung zu wie den USA. Für 39 Prozent der Befragten sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Partner Deutschlands. Im letzten Jahr sahen dies 47 Prozent so. Lediglich drei Prozent der Deutschen halten Russland für den wichtigsten Partner der Bundesrepublik.

73 Prozent: Beziehungen zu USA wichtiger als zum Kreml

Auf die Frage „Was ist für Deutschland wichtiger: enge Beziehungen zu den USA zu haben oder enge Beziehungen zu Russland zu haben?“ antworteten 73 Prozent, die Beziehungen zu den USA seien wichtiger. Nur 14 Prozent halten das Verhältnis zu Russland für wichtiger. Sieben Prozent halten die Beziehungen zu beiden Ländern für gleich wichtig. 82 Prozent sehen die USA „als Partner Deutschlands beim Schutz und der Verteidigung Europas, zum Beispiel im Rahmen der NATO“. Das sind neun Prozentpunkte mehr als bei der Befragung im vergangenen Jahr.

Zugleich wünschen sich drei von vier Deutschen eine größere Unabhängigkeit der Bundesrepublik von den USA. 76 Prozent wollen, dass die Bundesrepublik in ihrer Sicherheitspolitik eigenständiger wird. 48 Prozent der Befragten geben als Grund dafür an, „um die Sicherheit in Deutschland und Europa auch bei einem Rückzug der USA gewährleisten zu können“. 24 Prozent argumentieren, „weil wir mit unserer Sicherheitspolitik andere Ziele als die USA verfolgen sollten“.

Die außenpolitischen Einstellungen der Deutschen

Die repräsentative Sonderumfrage wurde von „The Berlin Pulse“ der Körber-Stiftung in Auftrag gegeben. Durchgeführt wurde sie vom Meinungsforschungsinstitut Kantar Public im März 2022. 1.020 Wahlberechtigte ab 18 Jahren in Deutschland wurden dabei zu ihren außenpolitischen Einstellungen befragt.

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