International

TV-Duell: Timmermans wirbt für CO2-Steuer und europäischen Mindestlohn

Im TV-Duell zur Europawahl von ZDF und ORF sind deutliche Unterschiede zwischen den Spitzenkandidaten von SPE und EVP, Frans Timmermans und Manfred Weber, sichtbar geworden. Während Timmermans in der Klima- und Sozialpolitik klare Ziele nannte, blieb Weber häufig im Vagen.
von Kai Doering · 16. Mai 2019
placeholder

Dass sie sich duzen, kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie Rivalen sind. Auch beim dritten im Fernsehen übertragenen Aufeinandertreffen innerhalb von zehn Tagen, haben sich die europäischen Spitzenkandidaten von SPE und EVP, Frans Timmermans und Manfred Weber, nichts geschenkt. Den Hinweis von ZDF-Chefredakteur Peter Frey zu Beginn des TV-Duells, Streit sei „ausdrücklich erwünscht“, hätte es also gar nicht gebraucht.

Timmermans: EU muss bis 2050 klimaneutral sein

Gleich bei einem der ersten Themen knallt es zwischen Timmermans und Weber. „Warum gibt es noch immer keine Steuer auf Kerosin und auf CO2?“, fragt der SPE-Politiker rhetorisch. „Das ist doch verrückt.“ Seine Partei fordert schon länger, dem klimaschädlichen Gas einen Preis zu geben. „Diejenigen, die verschmutzen, müssen zahlen“, ist für Timmermans klar.

Sein konservativer Konkurrent will das nicht oder zumindest nicht per Steuer. Man dürfe die Menschen „nicht dafür bestrafen“, dass sie CO2 ausstießen, sagt Weber. Statt auf eine Steuer will der EVP-Mann lieber auf „innovative Lösungen“ und „marktwirtschaftliche Tools“ setzen. Sehr viel konkreter wird Weber jedoch nicht. Immerhin: Beide Politiker sind sich einig, dass die EU die Klimaschutzziele aus dem Pariser Abkommen erfüllen muss. „Als Kommissionspräsident werde ich durchsetzen, dass Europa bis 2050 klimaneutral ist“, verspricht Frans Timmermans.

Um das zu erreichen, will er Kurzstreckenflüge innerhalb der Europäischen Union verbieten und stattdessen „gute Bahnverbindungen“ anbieten. Kontrahent Weber bleibt da vager. Bessere Bahnverbindungen will auch er, ein gesetzliches Verbot von Kurzstreckenflügen lehnt er jedoch ab.

Europäische Mindestlöhne vs. Eigenverantwortung

Klare Differenzen gibt es auch in der Sozialpolitik. „Wieso haben wir in Europa seit Jahren Wachstum und die Menschen spüren nichts davon?“, fragt Frans Timmermans. Seine Antwort: „Die Löhne sind zu niedrig.“ Die Sozialdemokraten wollen deshalb europaweite, aber landesspezifische Mindestlöhne einführen in Höhe von 60 Prozent des mittleren Einkommens des jeweiligen Landes. „War die Einführung des Mindestlohns so schlimm?“, kontert Timmermans die Frage des Moderators Frey, ob so etwas nicht einen Wust an Bürokratie bedeute.

Selbst Manfred Weber muss eingestehen, dass sich der Mindestlohn in Deutschland bewährt habe und etabliert sei. Einen europäischen Mindestlohn lehnt der Konservative jedoch ab. „Wir dürfen die Sozialsysteme nicht vereinheitlichen“, ist Weber überzeugt. Überhaupt seien die Löhne in weiten Teilen Europas nicht das Problem, sondern der Umstand, dass viele Menschen keine Arbeit hätten. „Sozial ist, was Arbeit schafft“, lautet daher Webers Maxime. Und: „Eigenverantwortung, statt Vergemeinschaftung“.

„Der Frieden ist der europäische Traum“

Wenig Einigkeit zwischen den beiden Bewerbern um das Amt des EU-Kommissionspräsidenten herrscht auch in der Außenpolitik. Während Manfred Weber sagt: „Ich will eine europäische Armee“, betont Frans Timmermans: „Solange es keine gemeinsame europäische Außenpolitik gibt, wird es auch keine gemeinsame Armee geben.“ Diese sei zwar wünschenswert, aber er wolle „keine unrealistischen Vorschläge machen“. Ohnehin sei „nicht die Armee der europäische Traum, der Frieden ist der europäische Traum“.

Stattdessen plädiert der SPE-Spitzenkandidat für eine „europäische Industriepolitik im Rüstungsbereich“. Viele Geräte und Waffen seien zu teuer, weil sie jedes EU-Land selbst herstelle. „Wir verschenken Milliarden“, kritisiert Timmermans. Und Weber? Ob er den Vorschlag der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer für einen europäischen Flugzeugträger unterstütze, will Moderator Frey vom EVP-Kandidaten wissen. Der antwortet, indem er auf Projekte der Briten und der Franzosen verweist und schließlich sagt, dass solch ein Flugzeugträger sinnvoll sein könnte.

Nach 90 Minuten sollen Timmermans und Weber schließlich in einem Schlussstatement den „nächsten großen Meilenstein des europäischen Integrationsprozesses“ nennen. „Ich habe vier Kinder“, sagt Timmermans. „Und ich will, dass meine Kinder in einem Europa leben, wo Frieden herrscht, das nachhaltig ist und das weiß, wie es mit der Klimakrise umgehen muss.“ Das sei der Grund, weshalb er als Spitzenkandidat antrete. Dann ist Manfred Weber dran. Wenn er an Europa denke, denke er daran, dass seine Großväter heute sagen würden, „wir leben im besten Europa, das wir jemals hatten“. Damit ist für diesen Abend dann alles gesagt.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare