International

Steinmeier: Europa muss jetzt Antworten liefern

Außenminister Frank-Walter Steinmeier sieht die Krise als aktuellen Zustand der Welt. Doch man dürfe nicht in Ohnmacht und Untätigkeit verfallen. Europa müsse seinen Bürgern nun zeigen, dass es zu einer gemeinsamen Migrations- und Verteidgungspolitik fähig sei.
von Lars Haferkamp · 30. November 2016
Außenminister Frank-Walter Steinmeier: Die Welt ist im Krisenmodus.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier: Die Welt ist im Krisenmodus.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier fordert neue Anstrengungen der EU, um die Menschen wieder von der europäischen Idee zu überzeugen. „Verunsicherung nach dem Brexit hin oder her: Was die Menschen von uns erwarten ist, dass Europa Antworten liefert, in Bereichen, in denen wir sie bislang nicht gegeben haben, bei Fragen der Migration zum Beispiel.“

Steinmeier: Klare Sicherheitspolitik der EU

Darüber hinaus gelte es, „die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europas voranzubringen.“ Dazu sieht Steinmeier nach dem letzten gemeinsamen Rat der Außen- und Verteidigungsminister in Europa eine große Bereitschaft. Zum Jubiläum der Römischen Verträge im nächsten Jahr forderte er „klare sicherheitspolitische Konturen auch in der Europäischen Union!“

Steinmeier sprach am Dienstag auf dem sechsten Berliner Forum Außenpolitik, das gemeinsam von der Körber-Stiftung und dem Auswärtigen Amt veranstaltet wird. Dort referierte der Außenminister unter der Überschrift „Krise als Normalzustand“ in der internationalen Politik.

Die Krise als Zustand der Welt

„In der Tat scheint der Krisenmodus der aktuelle Aggregatzustand der Welt zu sein“, so Steinmeier. Als Beispiele nannte er die Erschütterungen und Verunsicherungen ausgelöst durch das Brexit-Votum, die Ukraine-Krise, den Krieg in Syrien und die Wahl Donald Trumps. „Es ist ein sehr ernüchterndes Bild, das sich ergibt bei einem Blick auf die Welt“, resümmierte der Außenminister.

Zugleich warnte er davor, sich von diesem Zustand lähmen zu lassen: „Nicht den Zustand der Welt beschreiben und dann in Ohnmacht oder Untätigkeit verfallen! Sondern es bedarf jetzt umso mehr einer verantwortlichen Außenpolitik.“ Zu einer engagierten Außenpolitik gehöre aber keineswegs blinder Aktionismus oder hektische Betriebsamkeit. Vielmehr müsse es darum gehen, „dass wir beharrlich und mit Augenmaß und hoffentlich basierend auf kluger Analyse an einer diplomatischen Lösung arbeiten und uns nicht entmutigen lassen, wenn sie im ersten und im zweiten Schritt nicht eintreten will.“

Wo wäre die Welt ohne das Minsker Abkommen?

Das gelte auch und gerade mit Blick auf die Ostukraine. Gerade in den letzten Tagen werde er immer wieder gefragt, so Steinmeier, was denn das Minsker Abkommen eigentlich gebracht habe? Er antwortete mit einer Gegenfrage: „Was wäre passiert in der Ukraine, wenn wir nicht den Weg zum Minsker Abkommen gefunden hätten?“ Damals habe man vor einer Situation gestanden, in der sich der Konflikt „zu einer Großkonfrontation in Europa zwischen Ost und West weit über die Ukraine hinaus“ auszuweiten drohte.

Es sei gelungen, diesen Flächenbrand zu verhindern und den Konflikt einzudämmen. „Ich glaube, wir müssen immer wieder richtig einschätzen, dass das Minsker Abkommen nicht die Lösung des Konflikts war, aber dass das Abkommen immerhin ein containment des Konflikts mit sich gebracht hat“, so der Außenminister.

Russland will Aufteilung der Welt nach Einflusszonen

Was die Lösung der aktuellen Krisen und Konflikte so schwierig mache, sei die Unterschiedlichkeit der Ordnungsvorstellungen der Akteure. Europa und der Westen agierten auf der Basis einer internationalen Ordnung, die den Wertvorstellungen der Vereinten Nationen entspreche.

„Wir sind gleichzeitig in Konkurrenz mit einem Russland, das sich immer stärker sichtbar an einem anderen Ordnungsmodell orientiert“, analysierte Steinmeier. „Dieses Ordnungsmodell ist weniger die wertebasierte Ordnung von der wir sprechen, sondern ist stärker hin zu Jalta entwickelt. Mit Blick auf die Aufteilung der Welt in klare Einflusszonen.“

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