Steinbrück rechnet mit schwarz-gelber Außenpolitik ab
Welchen außenpolitischen Leitlinien eine sozialdemokratische Bundesregierung folgen würde, hat Peer Steinbrück am Dienstag in seinem Vortrag an der FU Berlin deutlich gemacht. Der Regierung Merkel warf er eine ideenlose Symbolpolitik vor. Den Kauf von Kampf-Drohnen lehnte er ab.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat einen Kurswechsel in der Außen- und Sicherheitspolitik bei einer Regierungsübernahme durch die SPD angekündigt. In seinem Vortrag zu den „Leitlinien sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik“ an der Freien Universität Berlin warf er der Regierung Merkel einen Mangel an Ideen, Impulsen und Initiativen vor. Die Bundesregierung komme über Appelle und die Äußerung von Sorgen nicht hinaus. Wie in der Innenpolitik bringe sie auch in der Außenpolitik lediglich „folgenlose Gipfel“ zustande. Er kündigte an, die SPD werde „diese unerledigte Arbeit in Angriff nehmen“.
Dazu gehört für Steinbrück unter anderem das deutsch-russische Verhältnis. „Nach der Implosion der Sowjetunion ist Russland eine verletzte Großmacht“, analysierte der Kanzlerkandidat. Dem hätte die Nato-Osterweiterung bis an die Grenzen Russland ebenso Vorschub geleistet, wie die Stationierung einer Raketenabwehr in Polen und Tschechien. Russland sei aber „von zentraler Bedeutung“ für die Lösung vieler Probleme, ob im Energiebereich oder im Nahen Osten. „Lösungen können nicht ohne sondern nur mit Russland erreicht werden“, betonte Steinbrück. Deshalb sei eine deutsch-russische Modernisierungspartnerschaft nötig.
Unterdrückung der russischen Opposition „absolut inakzeptabel“
Dabei stellte Steinbrück klar, dass die Gängelung und Unterdrückung von Medien, Nichtregierungsorganisationen und Oppositionellen in Russland „absolut inakzeptabel“ sei. „Trotz aller Rückschläge“ bleibe er aber „ein Befürworter einer engen Partnerschaft mit Russland“. Getreu dem Motto „Wandel durch Annäherung“ sei der Dialog, „der einzig gangbare Weg“, um Positives zu bewirken.
Steinbrück plädierte für „neue strukturelle Verbindungen“ zwischen der Nato und Russland. Beide müssten in einer „Sicherheitsgemeinschaft“ fest verbunden werden. Nur so könne es etwa im Bereich Abrüstung zu Fortschritten kommen. Die Raketenabwehr in Polen und Tschechien gefährde dagegen die Abrüstung, sie könne der „Beginn einer Aufrüstungsspirale“ werden.
Deutschland braucht keine Drohnen
Eine klare Absage erteilte Steinbrück Kampf-Drohnen der Bundeswehr. So wichtig im aktuellen Euro-Hawk-Skandal Fragen seien, wer wann etwas gewusst habe und wer die Verantwortung trage, „die eigentlich wichtigen Fragen“ seien für ihn: „Gegen wen oder was sollen die Drohen eingesetzt werden? Wofür brauchen wir sie?“ Dies sei „die Schwachstelle in der Argumentation der Bundesregierung“. Steinbrück resümmierte: „Ich komme zu der Feststellung, dass die Bundesrepublik Deutschland keiner Drohnen bedarf.“
Einen Kurswechsel kündigte der Kanzlerkandidat auch bei den Rüstungsexporten an. Schwarz-Gelb habe hier die Politik von Rot-Grün verlassen. „Die Richtlinien gelten fort, aber die Praxis hat sich geändert“, kritisierte Steinbrück und verwies auf Waffenlieferungen an Katar und Saudi-Arabien. „Waffen schaffen keinen Frieden und Rüstungsexporte ersetzen keine Friedenspolitik“, betonte Steinbrück. Unter seiner Führung werde Deutschland „zurückkehren zur sehr restriktiven Rüstungsexportpolitik der Regierung Schröder“. Auch sollten die Mittel für die Entwicklungspolitik deutlich erhöht werden.
In der EU strebt Steinbrück eine Politik der freiwilligen „verstärkten Zusammenarbeit“ mehrerer Mitgliedsländer an, so wie es bisher bereits bei der Finanztransaktionssteuer geschehen sei. Dasselbe Verfahren solle auch bei der Steuerharmonisierung oder bei den Sozialstandards praktiziert werden.
Marshall-Plan für Euro-Schuldnerländer
Dem einseitigen Euro-Krisenmanagement der Regierung Merkel erteilte Steinbrück eine klare Absage. „Inhalt und Stil“ dieser Politik hätten „Zweifel an Deutschlands Solidarität“ in Europa ausgelöst und die Krisenländer in einen „Teufelskreis“ aus zurückgehendem Wirtschaftwachstum und steigender Arbeitslosigkeit gestürzt. Statt einseitiger Konsolidierung verlangte Steinbrück zusätzliche Wachstumsimpulse. „Wir brauchen einen Marshallplan für den Aufbau der Schuldnerländer“, so der Kanzlerkandidat. Finanziert werden könne dieser zum Beispiel aus der Finanztransaktionssteuer. „Wir brauchen zehn Milliarden Euro jährlich für die Förderung der Ausbildung in Europa“, verlangte Steinbrück, sowie ein „Sofortprogramm für 500 000 neue Jobs“. Wer sich die 700 Milliarden Euro für die Bankenrettung vor Augen halte, erkenne, dass die Höhe dieser Forderung nicht unangemessen sei.