SPÖ-Wahlsieg in Wien sorgt für Jubel bei Sozialdemokraten
Text übernommen mit freundlicher Genehmigung von bnr.de
Die Landtagswahl in Wien, dem bevölkerungsreichsten und wichtigsten der neun Bundesländer Österreichs, war der Höhepunkt des Superwahljahres 2015 in der Alpenrepublik. Bei den bisherigen drei Landtagswahlen im Burgenland, in der Steiermark und in Oberösterreich hatte die FPÖ wegen der Asyldebatte massive Zugewinne erzielt und im Burgenland einen Tabubruch bei der SPÖ bewirkt. Entgegen vieler Beteuerungen wurde dort eine erste Koalition mit der FPÖ auf Landesebene geschlossen.
Keine „Oktober-Revolution“ der FPÖ in Wien
Laut vorläufigem Endergebnis (ohne Briefwahlstimmen) kam die SPÖ auf 39,4 Prozent (44 Sitze; 2010: 44,3 Prozent), die FPÖ auf 32,2 Prozent (34 Sitze, 2010: 25,8 Prozent). Die FPÖ legte gegenüber der letzten Wiener Wahl mehr als sechs Prozentpunkte zu. Übertroffen wurde damit auch die Höchstmarke von Jörg Haider mit 27, 4 Prozent (1996). Heinz-Christian (HC) Straches Wiener FPÖ ist damit parteiintern erste, da sie mehr als die 30,36 Prozent erreichte, die Manfred Haimbuchner zwei Wochen zuvor in Oberösterreich holte. Das ist das zweite blaue Ergebnis über der 30er-Marke außerhalb Kärntens. Für die von Strache propagierte „Oktober-Revolution“ hat es in Wien dennoch nicht gereicht.
In Wien ist nun die Fortsetzung der rot-grünen Koalition im Gemeinderat wahrscheinlich. Der sozialdemokratische Bürgermeister Michael Häupl, der seit 21 Jahren in Wien regiert, hat im Wahlkampf dem fremdenfeindlichen Wahlkampf der FPÖ eine humane Asylpolitik entgegengesetzt und damit gepunktet. Der Dreiklang-Wahlslogan des Amtsinhabers lautete „Charakter, Anstand, Humanität“. Das Votum der Wiener Wähler/innen gilt als bisher größter Stimmungstest in der Flüchtlingsfrage. Willkommenskultur hat gegen Abgrenzungspolitik obsiegt.
Fremdenfeindliche Parolen im Wahlkampf
Wahlkampfthema Nummer 1 waren Flüchtlinge. Hier lag der FPÖ-Spitzenkandidat und Parteivorsitzende (Obmann) Strache mit seiner Anti-Ausländerpolitik voll auf Kurs des ungarischen Ministerpräsidenten Orban: Zäune auch für Österreich sowie ein Asyl-Volksbegehren wurden gefordert und der Zuzug von Migranten scharf kritisiert. Strache lehnt den Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingsfrage strikt ab. Er sagte: „Denn das, was Frau Merkel in Deutschland gelebt hat, ist eine sozialromantische Einladungs- und Willkommenskultur“. Strache warnte: „Ich halte es unverantwortlich davon zu reden, dass diese Zuwanderung, die Völkerwanderung, auch nur ansatzweise verkraftbar ist.“ Neben fremdenfeindlichen Parolen forderte die Wiener FPÖ im Wahlkampf ein „Ende des Gender-Wahnsinns“ und „nutzlose Quoten“, „keine Homo-Ehe und Adoption durch gleichgeschlechtliche Paare“ sowie „Hauptschulen und Gymnasien statt Gesamtschulen.
Der Burschenschafter Strache (Jg. 1969), einst jüngster Bezirksrat Wiens, ist seit Jahrzehnten tief im extrem rechten Milieu verankert. Im Sommer 2012 zeigte Strache auf seiner Facebook-Seite eine antisemitische Karikatur eines Bankers mit Hakennase und wie Davidsterne gezeichneten Manschettenknöpfen, der sich auf Kosten des Volkes durchfrisst. Strache kommentierte dies mit den Worten: „So sieht die Umverteilung von Rot-Schwarz mit ihren grünen Helferleins in Wahrheit aus!“ Die Israelitische Kultusgemeinde verurteilte die Zeichnung und zog Parallelen zum „damaligen Stürmer in den dreißiger und vierziger Jahren“. Monate zuvor verglich Strache die Demonstration gegen einen Burschenschafts-Ball in der Hofburg mit der Reichspogromnacht und erklärte die Burschenschaften zu den „neuen Juden“.
SPD-Vertreter gratulieren den Genossen in Wien zum Wahlsieg
Auf Seiten der deutschen Schwesterpartei sorgte das Wahlergebnis aus Wien für große Freude. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi lobte Michael Häupl für seine „klare und richtige Haltung“ und erklärte, dass der Wahlsieg der SPÖ Mut mache. Die stellvertretenden SPD-Vorsitzende Aydan Özoğuz sagte: „Ich freue mich, dass die Wiener Sozialdemokraten in einer so schwierigen Situation Haltung gezeigt und nicht die Angstkampagne der Rechtspopulisten mitgemacht haben. Es tut gut zu sehen, dass die Wähler den Einsatz von Bürgermeister Michael Häupl für eine menschliche Flüchtlingspolitik honoriert haben. Von dieser klaren Haltung wünsche ich mir mehr in Europa.“
Weitere SPD-Vertreter wie der Vize-Vorsitzende Ralf Stegner, der Bundestagsabgeordnete Michael Roth oder der Berliner SPD-Chef Jan Stöß gratulierten den Genossen in Wien per Twitter: