SPD spricht über TTIP und Tausende hören zu
„Wir sind froh über die große Beteiligung“, begrüßte SPD-Chef Sigmar Gabriel am Montag die rund 400 erschienenen Genossen, Experten und Journalisten, die zur SPD-Freihandelskonferenz ins Berliner Willy-Brandt-Haus gekommen waren. „Denn“, setzte der Parteivorsitzende nach „wir brauchen eine Diskussion auf Basis von Fakten, nicht auf diffusen Vermutungen“. Viele Menschen hätten Sorgen, was die transatlantischen Freihandelsabkommen CETA (mit Kanada) und TTIP (mit den USA) für Folgen haben könnten, es kursierten aber auch viele Verschwörungstheorien.
Großes Interesse
Die Menschen zu informieren, aber auch ihre Ängste und Sorgen aufzunehmen, war Ziel der Veranstaltung, zu der Parteivorstand und SPD-Bundestagsfraktion geladen hatten. Rund 800 Fragen von Sozialdemokraten zu den Abkommen waren zuvor via Internet gesammelt worden. Mehr als 9000 Menschen verfolgten die Konferenz per Livestream. Rede und Antwort standen neben Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel auch der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, DIHK-Präsident Eric Schweitzer und als besonderer Gast die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström.
Für das 'right to regulate'
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann brachte auf den Punkt „was die meisten stört“, nämlich die bei CETA und TTIP vorgesehenen Investor-Staat-Schiedsverfahren. „Natürlich müssen Firmen etwa vor Enteignungen geschützt werden, aber wir müssen das 'right to regulate' behalten, das Recht einzugreifen und zu subventionieren etwa beim Umweltschutz, bei Recht und Sicherheit, in der Daseinsvorsorge und Kultur.
Sigmar Gabriel erläuterte seinen am Wochenende vorgestellten Vorschlag, einen internationalen Handelsgerichtshof mit Berufsrichtern einzurichten. Die von Kritikern eingebrachte Idee, Streitfälle jeweils an die örtliche Gerichtsbarkeit zu verweisen, hält der Bundeswirtschaftsminister indes für keine gute Idee: „Ich weiß nicht, ob es für unsere Mittelständler so hilfreich ist, wenn Sie etwa im Mittleren Westen ihre Interessen verteidigen wollen vor gewählten Richtern.“ Man müsse beachten, dass die USA eine völlig andere Gerichtsbarkeit hätten als in Europa üblich.
Profiteur Mittelstand?
Dem deutschen Mittelstand viel eine wichtige Rolle zu während der Diskussion. Auch Cecilia Malmström wies darauf hin, dass nicht in erster Linie Großkonzerne von dem Abkommen profitieren würden, sondern vielmehr „der Maschinenhersteller aus Köln oder der Fabrikant aus Schlüchtern“. Denn Großkonzerne könnten schon jetzt juristische und handelstechnische Hürden überwinden, für kleinere Firmen sie das schwieriger.
Schutz für Subventionskultur
Aus vielen Zuschriften sprach die Sorgen, dass etwa Wohlfahrtsverbände in ihrer Arbeit bedroht werden könnten oder Kulturförderungen künftig nicht mehr möglich seien. „Es wird weiter erlaubt sein, nationale Unternehmen zu bevorzugen“, stellte Gabriel klar. Das sei ein Punkt, der umgekehrt auch Kanadiern und Amerikanern wichtig sei, wie Malmström ergänzte. Gezielte Subventionierung von kommunalen Einrichtungen, von Theatern, Bibliotheken oder Pflegeheimen werde nicht tangiert.
Einig in der Kritik waren sich Twitternde, Gäste und Podium darüber, dass die Verhandlungen zunächst viel zu intransparent geführt worden waren. Lob gab es für Malmström, die viele Papiere und Verhandlungsdetails veröffentlicht hat. An sie ging ganz klar der Wunsch, diese Linie weiter zu verfolgen.