SPD: Mays Brexit-Konzept ist eine Luftnummer
Die Enttäuschung nach Theresa Mays Unterhausrede am Montag ist groß: In Großbritannien und in der EU, in allen politischen Lagern. Die deutschen Sozialdemokraten in Brüssel und Berlin halten sich mit Kritik nicht zurück.
Das Drama der britischen Politik bleibt
„Ich bin enttäuscht von diesem sogenannten Plan B der britischen Premierministerin“, sagt Udo Bullmann, der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europaparlament. „Sie hat nichts vorgeschlagen, was in den monatelangen Verhandlungen mit der EU nicht schon gründlich geprüft worden wäre. Das Drama der britischen Politik bleibt, dass die Regierung nicht mehr die Kraft hat, mutig voranzugehen.“
Für Bullmann gibt es jetzt nur zwei Möglichkeiten: Entweder finde sich im Unterhaus in London doch noch eine Mehrheit für eine Regelung, die für die EU akzeptabel wäre. Danach sehe es aber bislang nicht aus. Oder die Entscheidung zum Brexit müsse an das britische Volk zurückgegeben werden, entweder durch Neuwahlen oder durch ein zweites Referendum zum Brexit.
Udo Bullmann: Das Volk fragen
Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel empfahl Bullmann die letzte Möglichkeit: „Um Stabilität zurückzugewinnen, muss man das Volk fragen.“ Die gegenwärtige Situation sei „vernagelt nach allen Richtungen“.
Scharfe Kritik kommt auch von Jens Geier, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten. „Einen echten Plan B habe ich nicht gehört“, so Geier. „Theresa May, die britische Regierung und das Unterhaus sagen nicht, was sie wollen – sondern nur, was sie nicht wollen.“
Jens Geier: Vertrag wird nicht geändert
Der Chef der SPD-Europaabgeordneten stellt klar: „An dem Abkommen wird die Europäische Union nichts mehr ändern; schon gar nicht, wenn das Vereinigte Königreich keine Vorschäge hat, wie eine Alternative zum Backstop aussieht.“ Man könnte viel Konfetti in die Luft werfen und Freundlichkeiten austauschen, die in Großbritannien vielleicht sogar eine Klimaverbesserung bewirken würden. Aber: „Die Europäische Union wird dieses Abkommen aber nicht mehr aufbohren. 27 Mitgliedstaaten haben diesen Vereinbarungen zugestimmt.“
Jens Geier bekräftigte das Ziel, die Briten in Europa zu halten. „Allerdings stößt das irgendwann an institutionelle Grenzen – wie etwa auf die Teilnahme bei der Europawahl nach dem Brexit-Votum.“ Die EU solle nun zwei Punkten arbeiten: Wenn es noch eine Chance gebe, Großbritannien in der Europäischen Union zu halten, solle diese genutzt werden. Außerdem solle die EU versuchen, einen harten Brexit unbedingt zu vermeiden. „Allerdings sind uns die Hände gebunden, wenn die britische Exekutive keinen Kurs findet und weiter so chaotisch regiert.“
Achim Post: May hat keinen Plan
Der stellvertretende Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, übt ebenfalls deutliche Kritik an der Premierministerin. „Theresa May scheint weiter taktieren und auf Zeit spielen zu wollen, statt mutig neue Lösungen auszuloten“. Ihre Rede im britischen Parlament habe keinen Zugewinn an Klarheit gebracht. „Das, was sie im britischen Parlament vorgestellt hat, war kein Plan B, sondern überhaupt kein Plan.“ Wie May damit eine für die EU und das britische Parlament tragfähige Lösung schaffen wolle, bleibe ihr Geheimnis.
Post mahnt die Briten: „Stattdessen wären alle Beteiligten in London gut beraten, den Ernst der Lage zu erkennen und nicht einfach so weiterzumachen wie bisher.“ Zugleich lässt er keinen Zweifel, dass die EU „unbedingt weiter klar und einheitlich gegenüber Großbritannien auftreten“ müsse, ohne dabei „Spielräume für vernünftige Lösungen zu verschließen.“