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SPD lehnt von der Leyen als Kommissionspräsidentin ab

Die EU Staats- und Regierungschefs schlagen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin vor. Die Reaktionen aus der SPD sind eindeutig.
von Kai Doering · 2. Juli 2019
„Sie hat schon ein Schiff versenkt! Europa ist zu schade.“ Die SPD lehnt Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin ab.
„Sie hat schon ein Schiff versenkt! Europa ist zu schade.“ Die SPD lehnt Ursula von der Leyen als EU-Kommissionspräsidentin ab.

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen dem Europäischen Parlament Ursula von der Leyen als neue Präsidentin der EU-Kommission vorschlagen. Das teilte Ratspräsident Donald Tusk am Abend per Twitter mit. In der Sitzung der konservativen EVP-Fraktion hat Manfred Weber sein Mandat als Spitzenkandidat bei der Europawahl bereits zurückgegeben. Zuvor war EU-Ratspräsident Donald Tusk mit seinem Vorstoß gescheitert, den sozialistischen Spitzenkandidaten Frans Timmermans zum Kommissionspräsidenten zu machen.

SPD lehnt Vorschlag ab

Die Reaktionen aus der SPD auf die Personalie von der Leyen sind eindeutig. „Ist für Sozialdemokraten nicht akzeptabel“, schrieb der stellvertretende Vorsitzende der S&D-Fraktion, Bernd Lange, auf Twitter. „Die Europa-SPD wird diesem Vorschlag auf keinen Fall zustimmen“, kündigte der Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, an. Ursula von der Leyen sei als Chefin der Kommission „untragbar“. Ihre Nominierung sei „ein Armutszeugnis für den Europäischen Rat, weil es das Spitzenkandidatenprinzip über Bord wirft“.

Auch die drei kommissarischen SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel lehnen den Vorschlag ab. „Als Sozialdemokraten sehen wir uns nach wie vor dem Spitzenkandidaten-Prinzip verpflichtet“, teilten sie am Dienstagabend mit. Mit dem Versuch, eine Politikerin zur EU-Kommissionspräsidetin zu machen, die sich nicht dem Votum der Wähler gestellt hat, „würde der Versuch, die Europäische Union zu demokratisieren, ad absurdum geführt“.

Schulz: Von der Leyen ist schwächste Ministerin

Als „Sieg von Orbán & Co“ bezeichnete der langjährige Präsident des Europaparlaments Martin Schulz den Vorschlag. Die Staatschefs aus Ungarn, Polen und Italien hätten verhindert, dass Timmermans Kommissionspräsident werde, da dieser für Rechtstaatlichkeit stehe. „Von der Leyen ist bei uns die schwächste Ministerin. Das reicht offenbar, um Kommissionschefin zu werden“, so Schulz auf Twitter. Werde von der Leyen Kommissionspräsidentin, sei das Prinzip, nach dem einer der Spitzenkandidaten bei der Europawahl das Amt ausüben solle, tot.

„Wir können das Spitzenkandidaten-Prinzip nicht einfach über Bord werfen, weil das Ergebnis der Wahl einigen Regierungschefs nicht in den Kram passt“, meint auch der SPD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Udo Bullmann. „Wenn wir zulassen, dass ein fähiger und demokratisch gewählter Kandidat wie Frans Timmermans von Salvini, Orbán und Co. verhindert wird, gerade weil er die Grundwerte der EU verteidigt hat, ist das ein Armutszeugnis für unsere Gemeinschaft und würde das Vertrauen der Menschen in die EU nachhaltig beschädigen.“

Wölken: EU der nationalen Posteninteressen

„Wenn ich mir den Vorschlag der Staats- und Regierungschefs anschaue, kommt der Gedanke, dass sie einfach eine Person aus jedem Staat aufnehmen, um irgendwie eine Mehrheit zu bekommen. Dass ist die EU der nationalen Posteninteressen von vor 20 Jahren“, kritisierte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken den Vorschlag. Neben von der Leyen als Kommissionspräsidentin sieht dieser vor, dass der liberale belgische Ministerpräsident Charles Michel Ratspräsident wird. Außenbeauftragter soll der spanische Sozialist Josep Borrell werden, EZB-Präsidentin die konservative Französin Christine Lagarde.

„So vernünftig es ist, einen möglichst breiten Konsens unter den Regierungschefs zu suchen. Die Konsenssuche darf aber nicht so weit gehen, dass am Ende Salvini, Orban, Kaczynski und Co den kleinsten gemeinsamen personellen Nenner in Europa diktieren“, kritisierte SPE-Generalsekretär Achim Post. „Ein Signal des Fortschritts und Aufbruchs für Europa ist in der heutigen Lage wichtiger für Europas Zukunft als der Konsens aller um jeden Preis.“

Die bayerische Europaabgeordnete Maria Noichl versprach bereits via Twitter, Ursula von der Leyen nicht zur Kommissionspräsidentin zu wählen. „Sie hat schon ein Schiff versenkt! Europa ist zu schade.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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