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SPD: Für die Schweiz gibt es keine Rosinenpickerei

von Lars Haferkamp · 10. Februar 2014

Die SPD rechnet mit negativen Folgen des schweizerischen Volksentscheides, sowohl für die Schweiz selbst, als auch für Europa. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte am Montag in Berlin: „Das Prinzip des freien Personenverkehrs ist aus unserer Sicht gekoppelt an das Prinzip des Binnenmarktes und des damit verbundenen zollfreien Warenhandels“. Fahimi machte mehrfach Richtung Bern deutlich, „eine Rosinenpickerei kann in dieser Frage nicht möglich sein.“

Die SPD-Generalsekretärin wies darauf hin, mit der Neuverhandlung des Freizügigkeitsabkommen zwischen der EU und Bern stünden „automatisch auch alle anderen Abkommen in Frage“. Dazu gehöre neben dem zollfreien Warenaustausch auch das Schengener Abkommen zum Wegfall der Grenzkontrollen. Die Folgen für die Schweizer Wirtschaft würden „nicht unerheblich“ sein, so dass sie die Sorgen in der Schweiz gut verstehen könne.

Volksabstimmung Ausdruck sozialer Sorgen

Fahimi hatte heute morgen ein Telefongespräch mit dem Präsidenten der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, Christian Levrat, geführt. Dieser berichtete, das breite Bündnis in der Schweiz aus Parteien, Gewerkschaften und Wirtschaft sei nach dem Votum vom Sonntag „in großer Sorge“. Fahimi erklärte, die SPD sei „konform mit den Schweizer Genossinnen und Genossen“, dass Bern zum Ausgang des Volksentscheides durch eine verfehlte Politik selbst beigetragen habe. „Es sind keine Maßnahmen in der Schweiz zum Thema Lohndumping erfolgt“, so Fahimi. Auch habe „eine verfehlte Wohnungsbaupolitik dazu beigetragen“, dass die Mieten so stark gestiegen seien. Vor diesem Hintergrund sei der Volksentscheid in der Schweiz als Ausdruck der verbreiteten Sorge vor Dumpinglöhnen und steigenden Mieten zu sehen. Der Schweizer Regierung empfahl Fahimi, das Gespräch mit der EU zu suchen, bevor das Land seine Gesetze hinsichtlich der Zuwanderung ändere.

Zu den Auswirkungen des Schweizer Votums auf Deutschland sagte Fahimi, der Sieg der Rechtspopulisten kurz vor der Europawahl sei beunruhigend. Sie hob die Betroffenheit der in der Schweiz lebenden Deutschen hervor: „Die größte Ausländergruppe, gegen die sich dieses Votum richtet, sind die Deutschen, die in der Schweiz arbeiten.“

Mahnung an Brüssel

Das zeige, so Fahimi, die Freizügigkeit betreffe vor allem die Arbeitnehmerrechte, sie sei keine Frage der Armutszuwanderung. In diesem Zusammenhang richtete die SPD-Generalsekretärin eine Mahnung an Brüssel: „Die EU-Kommission wäre gut beraten, klar zu machen, dass auch in Deutschland Freizügigkeit eben nicht Einwanderung in unser Hartz-IV-System ist, sondern dass in der Regel hier überhaupt kein Anspruch besteht.“ Deutlich zu machen, dass Freizügigkeit keine Einwanderung in die Sozialsysteme bedeutet, „wäre ein wichtiges Signal aus Brüssel“.

Steinmeier warnt Bern

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat die Schweiz ebenso wie die SPD-Generalsekretärin vor „Rosinenpickerei“ im Verhältnis zur EU gewarnt. Bern sollte klar sein, „dass Rosinenpickerei im Verhältnis zur EU keine dauerhafte Strategie sein kann“, so der Minister zu Beginn eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel. Steinmeier geht davon aus, dass die Schweiz sich mit dem Volksentscheid „eher selbst geschadet hat“. Faire Beziehungen bedeuteten, dass man nicht nur die Vorteile sondern auch die Lasten aus einer solchen Beziehung zu tragen habe. „Zu dieser fairen Kooperation, die wir mit der Schweiz in der Vergangenheit hatten, gehört auch die Achtung zentraler Grundentscheidungen, die innerhalb der Europäischen Union getroffen worden sind.“

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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