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SPD empört über Vorschlag einer Pause für „New Green Deal“ in Europa

Die SPD erteilt allen Forderungen, den „New Green Deal“ der EU aufzuhalten, eine Absage. EVP-Fraktionschef Manfred Weber, der dies verlangt hatte, wurde von SPD-Chef Norbert Walter-Borjans in klaren Worten zurecht gewiesen.
von Lars Haferkamp · 29. Juni 2020
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Die SPD weist den Vorstoß des EVP-Fraktionschefs im EU-Parlament, Manfred Weber, den europäischen „New Green Deal“ angesichts der Coronakrise auf Eis zu legen, scharf zurück. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans erklärte in Berlin, er sei „ziemlich entrüstet“ über den Vorschlag Webers. „Ich warne dringend davor, dass wir jetzt auf der europäischen Ebene nicht konsequent (in) Transformation, Investition in Infrastruktur, vor allen Dingen aber auch in soziale Sicherung“ investieren, „um Europa nicht nur aus der Krise herauszuführen, sondern auch künftige Krisen zu vermeiden“.

Walter-Borjans: Weber hat falschen Ansatz

Der Vorstoß Webers erinnere ihn an die Verhandlungen mit der Union in der großen Koalition über das Konjunkturpaket des Bundes, als Teile von CDU und CSU auch die Position vertreten hätten, Investitionen zu unterlassen. „Ich bin froh, dass wir auf der nationalen Ebene den Koalitionspartner haben überzeugen können, dass das ein falscher Ansatz wäre“, so Walter-Borjans. Die Corona-Krise müsse jetzt zum Anlass genommen werden, „Europa zukunftsfester, zukunftssicherer“ zu machen. Und das bedeute, dass der New Green Deal nicht nur fortgesetzt werden müsse, es bedeute, „noch mehr in die Zukunft zu investieren.“

Auch der SPD-Europabeauftragte Udo Bullmann übte in der Pressekonferenz harte Kritik am Vorschlag Webers. „Ich muss sagen, ich bin auch relativ sprachlos über den Kollegen Manfred Weber, der das Denken von vorgestern präsentiert, wenn er dafür plädiert, dass wir eben nicht in die Modernität unserer Gesellschaften investieren sollten“, so Bullmann. Es gebe in der Krise einen weltweiten Druck hin zu mehr Ungleichheit, das gelte auch für Europa und für Deutschland. Nur wenn jetzt in funktionstüchtige Sozialsysteme und in die ökonomische Zukunft investiert werde, erweise man den Menschen einen Dienst. „Die gute Nachricht“ sei allerdings: „Herr Weber hat für diese Position keine Mehrheit im Europäischen Parlament. Er isoliert sich selbst und die Teile der Europäischen Volkspartei, die das so sehen, wie er.“ Es müsse völlig klar sein, „der Klimawandel stoppt nicht, auch nicht in der Corona-Krise“. Deswegen sei es richtig, „in nachhaltiges Wirtschaften und Arbeiten“ zu investieren.

Deutschland kein Zuchtmeister in der EU

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans betonte angesichts der am 1. Juli beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft, der Sozialdemokratie sei es „ganz wichtig, dass Deutschland in einem ganz anderen Rollenverständnis in diese Ratspräsidentschaft geht, als das 2007 der Fall war“, bei der letzten deutschen EU-Ratspräsidentschaft. „Wir legen großen Wert darauf, dass Deutschland hier nicht als Zuchtmeister oder mit erhobenem Zeigfinger auf die zugeht, die jetzt in einer besonders schwierigen Lage sind, sondern dass wir ein respektierter, aber auch ein respektierender Partner in dieser Europäischen Union sind, der mit seinem Gewicht in diesem halben Jahr mithelfen kann, die richtigen Weichen zu stellen.“ Dazu gehöre etwa der mehrjährige Finanzrahmen der EU.

Walter-Borjans ergänzte, „dass es für mich dazu gehört, dass Deutschland seinen Beitrag und durchaus auch noch ein Stück größeren Beitrag dazu leisten muss, dass wir ein gerechtes Steuersystem bekommen". Dazu gehöre auch, dafür zu sorgen, dass nicht einzelnen Staaten, einschließlich der Bundesrepublik, die Möglichkeit gegeben werde, Steuern zu umgehen. Es müsse „für eine gerecht verteilte finanzielle Grundlage der Europäischen Union gesorgt" werden. Das sage er auch im Zusammenhang mit den in diesem halben Jahr „zum Abschluss oder auch nicht zum Abschluss kommenden Verhandlungen“ zum Brexit. Es dürfe nicht sein, dass Großbritannien die Nachteile aus dem EU-Austritt „durch eine Funktion als Steueroase“ ausgleiche. „Da muss gelten: Wir brauchen insgesamt eine gerechte Finanzierung in Europa“, so der SPD-Chef. Dabei müsse klar sein, „dass starke Schultern mehr tragen als schwache“.

Udo Bullmann: SPD in Impulsgeber und Antreiber

Der SPD-Europabeauftragte Udo Bullmann betonte, „Solidarität und Sicherheit für die Menschen in Europa – das geht nur durch sozial-ökologischen Wandel, das geht nur dadurch, dass wir den technologischen Wandel gestalten und nicht aufhalten, eben keine Modernisierungspause einlegen.“ Die SPD wünsche eine zügige Beschlussfassung zu den großen Programmen der Staats- und Regierungschefs, „hoffentlich noch vor der Sommerpause“, damit das Europäische Parlament die entsprechenden Mittel „auch zügig zur Verfügung“ stellen könne. Bullmann machte abschließend klar: „Die SPD ist der Impulsgeber und der Antreiber in dieser Ratspräsidentschaft.“

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