SPD-Chef vor EU-Gipfel: „Es braucht einen Euro-Wumms!“
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Schafft Europa einen gemeinsamen Weg aus der Krise? Darüber entscheidet der EU-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs ab Freitag, wenn es um den mehrjährigen Finanzrahmen und das 750-Milliarden-Programm zum Wiederaufbau in der Corona-Krise geht. Am Donnerstag treffen sich in Brüssel die Partei- und Regierungschefs der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), um diesen Gipfel vorzubereiten. Auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans ist vor Ort.
Walter-Borjans: Die südlichen Länder nicht allein lassen
Im Vorfeld des Treffens machte er deutlich, wohin aus seiner Sicht die Reise gehen muss. „Europa braucht einen Euro-Wumms!“, sagte Walter-Borjans am Donnerstag in einem Pressegespräch in Brüssel. Bei den anstehenden Verhandlungen zum Europäischen Wiederaufbaufonds komme es vor allem auf drei Faktoren an: Zeit, Geld und Werte. „Das bedeutet: wir müssen schnell sein, wir müssen massiv investieren und wir dürfen zugleich unsere Werte nicht opfern, die grundlegend für die europäische Union sind.“ Der SPD-Chef warnte: „Wir dürfen nicht zu Gunsten der Ziele Zeit und Geld die Rechtstaatlichkeit opfern Zwei Dinge stehen nicht zur Disposition: Solidarität und Rechtstaatlichkeit.“
In einem Interview mit The Pioneer gab er zuvor zu Bedenken, dass Deutschland einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um bis acht Prozent zu erwarten habe, dass dieser Rückgang aber in Ländern wie Spanien und Italien fast doppelt so hoch ausfallen könne. „Wir können uns gemeinsam als Europa nicht leisten, die Länder damit allein zu lassen.“
Auch Deutschland schafft es nicht allein
Für den SPD-Chef ist klar: „Der Glaube, Deutschland ist ein starkes Land und kann alleine mit einer Krise klar kommen, der ist trügerisch, der ist falsch.“ Wenn Europa über die Corona-Krise gemeinsame hinauskommen wolle, wenn es auch in der Zukunft stark sein wolle, „muss Europa zusammenstehen“. Dafür brauche man dann beim Wiederaufbaufonds „mindestens“ den angestrebten Umfang von 750 Milliarden Euro.
Kritisch zeigt sich Walter-Borjans gegenüber Forderungen nach strikten Auflagen an die Empfängerländer von Hilfszahlungen. „Es ist kein guter Weg, wenn sich Europa in Reiche und Arme teilt und die Reichen Almosen geben und die Armen dafür Bedingungen erfüllen müssen.“ Gerade die Finanzkrise von 2008 habe gezeigt, dass man zwar Auflagen ausgesprochen habe und diese aus deutscher Sicht „vielleicht richtig waren“, diese Auflagen aber in den betroffenen Ländern nicht funktioniert hätten.
Gegen Gießkanne und „Kaputtsparen“
„Dass man nicht einfach Geld mit der Gießkanne ausschüttet, sondern dass man darüber redet, welche Ziele wir gemeinsam verfolgen, um über Corona hinwegzukommen, aber auch mit Europa weiterzukommen, das finde ich richtig“, so der SPD-Chef. „Aber diese Austerität, dieses Kaputtsparen, darf sich nicht wiederholen.“ Das wäre nicht nur für die deutsche Wirtschaft nicht nützlich, „es würde Europa auch emotional entzweien“, warnt Walter-Borjans. Man habe ja erlebt, wie Deutschland zeitweise in Europa gesehen worden sei. „Das hat sich übrigens in den letzten Monaten ordentlich gedreht.“