So reagiert die SPD auf das Brexit-Abkommen
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Die Repräsentanten der 27 übrigen EU-Staaten haben das Brexit-Abkommen mit Großbritannien angenommen. Das teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk am Sonntag auf Twitter mit. Der Austrittsvertrag regelt Ausgleichszahlungen Großbritanniens an die EU, künftige Handelsbeziehungen, das Bleiberecht der Bürger im Vereinigten Königsrecht und der Union, den Umgang mit der Grenze zwischen Irland und Nordirland sowie die Gibraltar-Frage. Ob das britische Parlament dem Abkommen zustimmen wird, ist ungewiss. Wenn Premierministerin Theresa May die Zustimmung zum Vertrag im britischen Unterhaus durchsetzt, wird Großbritannien die EU am 29. März 2019 verlassen.
Nicht unumkehrbar
Die Reaktionen der SPD auf den Einigungsvertrag zeigen, dass sie auf eine weitere Zusammenarbeit der EU mit Großbritannien setzt – und das nicht nur auf wirtschaftlicher, sondern auch auf sozialer Ebene. Dafür sei das nun ausgehandelte Austrittsabkommen die beste Möglichkeit.
Spitzenkandidat für die kommende Europawahl und Vorsitzender der S&D-Fraktion im Europäischen Parlament Udo Bullmann twitterte am Sonntag, dass der Brexit „ein historischer und tragischer Fehler“ sei. Bullmann sei aber erleichtert, dass die Einigung sicherstelle, dass die „Rechte von Bürgern der EU und des UK gewahrt“, „finanzielle Verpflichtungen eingehalten“, es keine harte Grenze in Irland gebe und das Karfreitagsabkommen vollständig geschützt werde. „Wir geben die Hoffnung nicht auf, der Brexit ist nicht unumkehrbar“ heißt es in einem weiteren Tweet Bullmanns. Die Sozialdemokraten im Europäischen Parlament „werden die Tür weiterhin offen halten für den Fall, dass sich die Menschen des Vereinigten Königreichs umentscheiden“, schrieb er in einem Statement zur Brexit-Einigung.
Neue Brücken bauen
Bundesjustizministerin und ebenfalls Spitzenkandidatin für die Europawahl Katarina Barley konzentriere sich darauf, weiter an einer gemeinsamen europäischen Zukunft zu arbeiten.
EU-Standards einhalten
Jo Leinen, SPD-Europaabgeordneter und Präsident der Europäischen Bewegung International, äußerte sich am Montag in einem Statement, dass eine solide Grundlage geschaffen sei, „um in der Übergangsphase die künftigen Beziehungen zum beiderseitigen Vorteil auszugestalten“. Er fuhr fort: „Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass Großbritannien auch in Zukunft nicht hinter heutige EU-Standards für den Umwelt- und den Arbeitnehmerschutz zurückfallen darf und sich im Kampf gegen Steuervermeidung und -betrug engagieren muss.“
Zwei Alternativen
„Es hängt jetzt alles von der Entscheidung des britischen Unterhauses Anfang Dezember ab. Wenn die Abstimmung scheitert – und danach sieht es derzeit aus – gibt es nur zwei Möglichkeiten“, so Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD, in einer Pressemitteilung: einen ungeordneten, „harten Brexit" oder eine „Rücksetzung des britischen Status“. „Ein harter Brexit wäre eine Katastrophe mit Konsequenzen, die heute kaum abzusehen sind. Ab Tag 1 nach dem Austritt hätten britischen Universitäten, Studierende, Landwirte keinen Anspruch mehr auf europäische Fördermittel. Die EU würde zunächst auf Rechnungen in Milliardenhöhe sitzenbleiben, die die übrigen Mitgliedstaaten begleichen müssten. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung von bereits bewilligten Projekten in der Forschung und der Infrastruktur, die von der EU noch während der Mitgliedschaft Großbritanniens zugesagt worden sind“, fuhrt er fort.
Die zweite Option wäre, dass wir „im Eiltempo über eine Rücksetzung des britischen Status, der dann vergleichbar wäre mit Norwegen oder Island“ verhandeln. So könne man vermeiden, die Beziehungen mit Großbritannien vollkommen abzubrechen, schrieb Geier.
So oder so eine Fehlentscheidung
Ralf Stegner, stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD, twitterte, dass der Brexit so oder so eine „gravierende Fehlentscheidung" sei – und das vor allem für die Briten selbst.
Noch vor Weihnachten soll das britische Parlament über den Brexit-Deal abstimmen. Nun rührt Premierministerin Theresa May die Werbetrommel für eine Zustimmung zum Vertrag. „Es ist kein besserer Deal erreichbar“, bekräftigte sie ihn.
studiert Geschichte und Deutsche Literatur und war Praktikantin in der vorwärts-Redaktion von Oktober bis Dezember 2018.