So gefährlich kann der FPÖ-Triumph in Österreich noch werden
Die Bundespräsidentenwahl hat in Österreich ein politisches Erdbeben von historischem Ausmaß ausgelöst. Manche Kommentatoren sehen bereits den Anfang vom Ende der zweiten Republik. Die Kandidaten der Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die bisher stets den Bundespräsidenten stellten, schafften es nicht einmal in die Stichwahl. Hatten sie zuvor zusammen stets über 80 Prozent der Stimmen, kamen sie bei dieser Wahl zusammen auf nur noch rund 22 Prozent.
Die FPÖ liegt klar vor den Grünen
Triumphieren konnte dagegen der Kandidat der rechtspopulistischen FPÖ Norbert Hofer. Er liegt mit über 36 Prozent der Stimmen mit großem Abstand vorne. Im Mai trifft er in der Stichwahl auf Alexander Van der Bellen, den zweitplatzierten Kandidaten der Grünen an. Er kam auf rund 20 Prozent der Stimmen.
In allen Umfragen vor der Wahl führte der Grüne allerdings deutlich vor dem FPÖ-Kandidaten. Der Wahlabend war also auch eine krachende Niederlage für die Wahlforscher in Österreich.
Frust über die ewige große Koalition
Die spannende Frage, um die es nun geht: Was waren die Ursachen für dieses Wahlergebnis? Zum einen spielt hier das Problem der gefühlten ewigen großen Koalition in Österreich eine Rolle. Mit einer Unterbrechung von sieben Jahren wird das Land seit nun knapp 30 Jahren von einer großen Koalition regiert, stets mit einem SPÖ-Kanzler an der Spitze und der ÖVP als Juniorpartner. Beiden Parteien werden seit Jahren Filz und Kungeleien vorgeworfen.
Das zentrale inhaltliche Thema bei dieser Wahl war die Flüchtlingspolitik und die Sorge vieler Österreicher vor einer ungesteuerten Zuwanderung. 90.000 Flüchtlinge hatte die Republik im letzten Jahr aufgenommen, das ist nach Deutschland und Schweden die höchste Pro-Kopf-Zuwanderung in Europa.
Flüchtlingsfrage bestimmte Wahl
Die beiden erstplatzierten Kandidaten hatten sich in der Flüchtlingsfrage klar positioniert: Norbert Hofer von der FPÖ verlangte einen harten Kurs gegen weitere Migration nach Österreich, Alexander Van der Bellen von den Grünen warb für eine offene und humane Flüchtlingspolitik. Dieses Duell konnte die FPÖ klar für sich entschieden.
Zwischen FPÖ und Grünen bewegten sich die Kandidaten der Regierungsparteien. Deren besondere Schwierigkeit bei dieser Wahl: Sie mussten einen radikalen Kursschwenk ihrer Parteien in der Flüchtlingspolitik vertreten.
Radikaler Kursschwenk der Wiener Regierung
Stand die Regierung in Wien im letzten Sommer noch fest an der Seite Berlins, vollzog die große Koalition unter Bundeskanzler Faymann im Winter eine 180-Grad-Wende. Aus der Politik der offenen Grenzen wurde eine Politik der geschlossenen Grenzen. Aus einer Willkommenskultur wurde eine Abwehrkultur. Die Folge war die Schließung der Balkanroute und im Ergebnis ein deutlicher Rückgang der Flüchtlingszahlen. Damit wollten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP ihren Sinkflug in der Umfragen stoppen.
Das ist ihnen offensichtlich nicht gelungen. Die Frage, die in Österreich nun lebhaft diskutiert wird, ist die nach dem warum. Für die einen hat der radikale Kursschwenk die Regierungsparteien Glaubwürdigkeit und damit Stimmen gekostet. Für die anderen kam die Kurskorrektur in der Flüchtlingsfrage zu spät und zu zaghaft und war deshalb nicht mehr glaubwürdig.
Weitermachen wie bisher funktioniert nicht
Egal wie die Analyse der Regierungsparteien in den nächsten Tagen aussieht, eines sollte schon jetzt klar sein: Weitermachen wie bisher, als wäre nichts gewesen, das wird nicht mehr funktionieren.
Dafür könnte nicht zuletzt ein Sieg des FPÖ-Kandidaten Hofer am 22. Mai in der Stichwahl sorgen. Sollte er als Bundespräsident in die Hofburg einziehen, könnten in Österreich nämlich die Karten völlig neu gemischt werden. Der Bundespräsident könnte die Regierung Faymann entlassen. Die Folge wären Neuwahlen. Hofer hat dieses Szenario ausdrücklich nicht ausgeschlossen.
Regiert bald ein FPÖ-Kanzler?
Stärkste Partei, so zeigen es alle Umfragen, könnte dann die FPÖ werden, ihr Chef Heinz-Christian Strache sogar Bundeskanzler. Norbert Hofer sagt zu diesem Szenario sybillinisch: „Sie werden sich noch wundern, was alles gehen wird.“ Ein Satz, der aufhorchen lässt. Das Ende der zweiten Republik in Österreich könnte schon näher sein als erwartet.