Sigmar Gabriel fordert klare Haltung gegenüber den USA
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Bundesaußenminister Sigmar Gabriel fordert eine robuste europäische Außenpolitik auch gegenüber den USA. „Wir müssen notfalls gegenüber unseren Verbündeten deutlich machen, wo die Grenzen unserer Solidarität erreicht werden“, sagte er auf dem Berliner Forum Außenpolitik.
Eine Region unter vielen
„Wir müssen kühler analysieren, wo wir mit den USA über Kreuz liegen.“ Gabriel nannte als Beispiel die US-Sanktionen gegen Russland, die auch deutsche Pipelines betreffen würden. „Diese Sanktionen gefährden unsere eigenen wirtschaftlichen Interessen existenziell.“ Ebenfalls führte der Außenminister die mögliche Aufkündigung des Iran-Atomabkommens an. Dies würde die Kriegsgefahr in „unserer Nachbarschaft“ erhöhen und die nationale Sicherheit gefährden.
Angesichts der Neuausrichtung der Vereinigten Staaten unter Donald Trump stellte Gabriel fest: „Diese Welt ist für die USA nicht länger eine globale Gemeinschaft, sondern eine Arena, eine Kampfbahn.“ Die Europäische Union sei für die Trump-Regierung ein „Wettbewerber“, ein „ökonomischer Gegner“ und Europa nur eine Region unter vielen auf der Welt.
Kein Faktor in der Welt
Nichtsdestotrotz blieben die USA in der Sicht des Bundesaußenministers der wichtigste globale Partner Deutschlands. Gleichzeitig müsse Europa allerdings viel mehr wagen als bislang. Es gebe keinen bequemen Platz an der Seitenlinie internationaler Politik mehr. „Entweder versuchen wir selbst in dieser Welt zu gestalten, oder wir werden vom Rest der Welt gestaltet.“ Europa müsse handeln, auch wenn das mitunter riskant sei. In der Vergangenheit habe man dieses Risiko den USA überlassen. Im Fall eins Scheiterns habe man mit dem Finger auf die Amerikaner zeigen können.
Die Europäische Union muss sich laut Gabriel auf ihre Interessen besinnen und entsprechend handeln. Bisher sei Europa kein Faktor in der Welt. Das habe dazu geführt, dass andere Akteure in das Vakuum vorgestoßen sind, das die USA hinterlassen hätten. Im Nahen Ost sei das Russland gewesen, in Afrika China. Überhaupt sei die Volksrepublik das einzige Land weltweit, das eine langfristige geostrategische Idee habe. „Es ist uns vorzuwerfen, dass wir keine eigene Strategie haben“.
USA verlieren an Zustimmung
Sigmar Gabriels Forderung nach einem stärkeren europäischen Engagement in der Welt dürfte vermutlich auf geteiltes Echo stoßen. Das lässt zumindest die Umfrage „Einmischen oder Zurückhalten?“ der Körber-Stiftung vermuten, die auf dem Berliner Forum Außenpolitik vorgestellt wurde. Demnach wünschen sich 52 Prozent der Befragten, dass Deutschland bei internationalen Krisen weiterhin eher zurückhaltend agiert. Nur 43 Prozent befürworten ein stärkeres Eingreifen. Als wichtigste Gründe für ein internationales Engagement nennen 71 Prozent die Sicherheit Deutschlands sowie den Kampf gegen den Terrorismus.
Die von Kantar Public durchgeführte Studie nahm auch die Beziehung zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten unter die Lupe. 56 Prozent der Deutschen bewerten sie als eher oder sehr schlecht, in den USA sind derselben Meinung nur 22 Prozent. Entsprechend ist es wenig überraschend, dass Frankreich (63 Prozent) am häufigsten als wichtigster außenpolitischer Partner Deutschlands genannt wird. Die USA erhalten 43 Prozent Zustimmung. Im vergangenen Jahr lagen beide Länder mit je 60 Prozent gleichauf.