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Schulz und Gabriel unterstützen friedliche Proteste gegen G20

G20-Treffen wie in Hamburg haben keine Zukunft, sagen Kritiker. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sehen das genau so. Sie wollen weg von exklusiven Gipfeltreffen und hin zu mehr globaler Gerechtigkeit.
von Paul Starzmann · 6. Juli 2017
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Der G20-Gipfel in Hamburg hat noch nicht begonnen, doch schon jetzt ruft das Treffen eine Vielzahl an Gegnern auf den Plan. Bereits am Mittwoch sind über 11.000 Menschen auf die Straßen gegangen. Am Wochenende werden noch viel mehr erwartet. Sie wollen nicht nur gegen umstrittene Gipfelteilnehmer wie Donald Trump oder Recep Tayyip Erdoğan protestieren, sondern gegen den G20-Gipfel insgesamt. Ihre Botschaft: Die Politik der G20 sei unsozial, verantwortungslos und ungerecht.

Sigmar Gabriel: „Wir verstehen die Demonstranten“

„Wir verstehen die Demonstranten, weil wir sehen, dass die Welt ungerecht aufgeteilt ist“, sagte Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Donnerstag im Willy-Brandt-Haus in Berlin. „Wir rufen alle auf, ihren Protest friedlich zu machen.“ Der ehemalige SPD-Vorsitzende hat zusammen mit seinem Nachfolger, dem Kanzlerkandidaten Martin Schulz, ein Konzept für mehr globale Gerechtigkeit entwickelt. Den Titel des Papiers haben sie an ein Zitat Willy Brandts angelehnt: „Ohne Frieden und Gerechtigkeit ist alles nichts.“

Die beiden SPD-Politiker sehen keine große Zukunft für den G20-Gipfel. Der sei „seiner Zeit hinterher“, sagte Gabriel. Er und Schulz wünschen sich eine „Reform der internationalen Zusammenarbeit“. Weg von exklusiven Formaten wie G20 oder dem UNO-Sicherheitsrat, hin zu größeren Runden, an denen auch bisher ausgeschlossene Länder teilnehmen dürften. Ein erster Schritt in diese Richtung könne sein, die G20-Treffen „regelmäßig und häufiger am Standort der Vereinten Nationen und im Gebäude der Vereinten Nationen in New York“ stattfinden zu lassen. Nicht nur den Hamburgern, die wegen des anstehenden Treffens in ihrer Stadt seit Tagen in einer Art Belagerungszustand leben, dürfte dieser Vorschlag gefallen.

Nato: Martin Schulz strikt gegen Zwei-Prozent-Ziel

Gabriels Hauptkritik an dem G20-Gipfel bezieht sich vor allem auf die Themen, die es in Hamburg nicht auf die Tagesordnung geschafft haben. „Es wird dort viel zu wenig darüber geredet, wie wir Hunger und Armut auf der Welt bekämpfen“, sagte der Außenminister. „Dafür wird dort viel über Rüstung und Rüstungsausgaben gesprochen.“

Gemeint ist Donald Trumps Forderung an die Nato-Staaten, mehr Geld für das Militär auszugeben. Martin Schulz hat sich bereits mehrfach dagegen ausgesprochen, Trumps sogenanntes Zwei-Prozent-Ziel anzustreben. Nach dieser Forderung aus dem Weißen Haus sollen in Zukunft alle Nato-Mitglieder zwei Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für Waffen ausgeben. „Mit mir wird es einen solchen Beschluss nicht geben, weil er unsinnig ist“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat. Er könne nicht nachvollziehen, warum sich die Rüstungsausgaben automatisch erhöhen sollten, nur weil das Bruttoinlandsprodukt eines Staats wachse. „Wo ist da eigentlich die Logik?“ fragte Schulz.

Gegen den „Wilwest-Kapitalismus“

Schulz und Gabriel wollen deshalb eine „moderne Friedensdiplomatie und mehr Krisenprävention“. Für jeden Euro, den die Regierung in die Bundeswehr stecke, sollen in Zukunft 1,50 Euro in die Bekämpfung von Hunger und Armut fließen. Ingesamt müsse die Globalisierung gerechter gestaltet werden, forderten die beiden Sozialdemokraten. „Es darf keine Abgehängten auf dieser Welt geben“, sagte Schulz. Der SPD-Chef erteilte dem „zügellosen Wildwest-Kapitalismus“ ebenso eine Absage wie dem starren Protektionismus, den US-Präsident Trump immer wieder fordert. Schulz und Gabriel wollen stattdessen einen „fairen Welthandel“. Die zentrale Frage, so der Bundesaußenminister: „Wie teilen wir den wirtschaftlichen Gewinn?“

Diese Frage dürfte die G20-Teilnehmer am Wochenende jedoch wohl weniger beschäftigen, wenn sie unter der Schirmherrschaft Angela Merkels in Hamburg zusammenkommen. Wahrscheinlich wird es mehr um militärische Aufrüstung gehen als um fairen Handel, Klimapolitik und Frieden ­– auch weil in diesem Jahr mit Trump, Putin oder Erdoğan eine ganze Reihe an Autokraten und Rechtspopulisten am G20-Gipfel teilnehmen werden. Schulz und Gabriel halten die derzeitige Entwicklung der Weltpolitik für alarmierend. In ihrer Erklärung heißt es: „Solidarität, Freiheit und Demokratie stehen auf dem Spiel“.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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