Mit einer notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit hat der Bundesrat am Freitag die Einführung einer Schuldenbremse verabschiedet. Mit dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetz soll die Staatsverschuldung von Bund und Ländern beschränkt werden. So muss der Bund seine Neuschulden bis 2016 auf höchstens 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eingrenzen, die Bundesländer dürfen ab dem Jahr 2020 grundsätzlich keine neuen Schulden mehr machen. Damit dies gelingt, erhalten die finanzschwachen Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein von 2011 bis 2019 jährlich Konsolidierungshilfen in Höhe von 800 Millionen.
SPD-Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) begrüßte die Schuldenregel, weil sie dabei helfe, "das zu tun, was finanzpolitisch notwendig ist". So sei für eine "auf Pump finanzierte" Steuerentlastungen seiner Meinung nach "auf absehbare Zeit kein Spielraum". Gleichzeitig befürchte er, dass es in der neuen Legislaturperiode zu heftigen Verteilungskonflikten kommen werde, "wenn der Bund ab dem Jahr 2011 die vorgeschriebenen Konsolidierungsschritte vollziehen muss", sagte Steinbrück der "Saarbrücker Zeitung" (Sonnabendausgabe).
Kein Geld für Zukunftsinvestitionen?
Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein stimmten den Neuregelungen nicht zu. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hatte bereits im Vorfeld deutliche
Kritik an den von der Föderalismuskommission II ausgehandelten Vereinbarungen geübt, wie auch mehr als 200 Wissenschaftler und Ökonomen, die in einem
gemeinsamen Aufruf an die Mitglieder des Bundestags und Bundesrats appellierten, dem Gesetzesvorhaben nicht zuzustimmen.
"Die Einführung einer Schuldenbremse gefährdet die gesamtwirtschaftliche Stabilität und die Zukunft unserer Kinder", warnten die Ökonomen Peter Bofinger und Gustav A. Horn in diesem Aufruf.
Wenn die Länder durch das Grundgesetz in Zukunft daran gehindert würden, sich für Zukunftsinvestitionen zu verschulden, erklärten Bofinger und Horn, bestehe bei anhaltenden und von vielen
Politikern aktiv geförderten Forderungen nach Steuersenkungen die große Gefahr, dass die aktive Zukunftsvorsorge unter der Räder kommt: "Es kann dann vielleicht erreicht werden, dass die Schulden
nicht weiter ansteigen, aber um den Preis, dass zukünftige Generationen unzureichend ausgebildet sind, über eine abgewirtschaftete Infrastruktur verfügen und in einer schlechten Umwelt leben
müssen."
Horn: "Staat muss offensiver werden"
Angesichts der Weltwirtschaftskrise sprach sich Horn für mehr stattliche Investitionen aus. Das Konjunkturprogramm II werde nicht reichen, um langfristig die Folgen des Wirtschaftseinbruchs zu
bremsen, prognostizierte der Wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung. Auf einer Fachtagung zur "
Die Finanzmarktkrise und ihre Folgen" am 11. Juni in Berlin forderte er von der Bundesregierung, der Krise mit einer Offensivstrategie zu
begegnen. Man dürfe die Wirtschaftskrise nicht unterschätzen, denn "eine Deflation sei schlimmer als eine Inflation", so Horn. Es sei zur Zeit richtiger, zu viel zu tun, als zu wenig: Ein drittes
Konjunkturpaket, das zumindest europäisch koordiniert sein sollte, könne die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs bringen.
Mehr Informationen unter: www.boeckler.de
hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.