International

Rückkehr zur Normalität?

von Jérôme Cholet · 9. April 2009
placeholder

Vor einem Jahr noch wurde Morgan Tsvangirais Bewegung für demokratischen Wandel verfemt, ihre Mitglieder wurden ermordet, verfolgt und eingeschüchtert. Und auch ihr Spitzenkandidat musste zeitweise in diplomatische Vertretungen flüchten, weil er sich seines Lebens nicht mehr sicher sein konnte. Zwei Wahlkämpfe brachten Tsvangirai und hunderte seiner Anhänger ins Krankenhaus. Denn Präsident Robert Mugabe, der bereits seit 28 Jahren regiert, wollte nicht von der Macht lassen und hetzte seine Partei und die Sicherheitsdienste auf die Opposition.

Am 11. Februar schließlich wurde Tsvangirai als Premierminister Simbabwes vereidigt - von Robert Mugabe, der sich dadurch eine weitere Amtszeit als Präsident sichern konnte. Nach Monaten schwerer Menschenrechtsverletzungen, von Zensur und zunehmender Verelendung in Simbabwe einigten sich die größten Parteien auf eine Einheitsregierung. Die einst verfeindeten Politiker kamen zu dem Schluss, dass nur ein politischer Kompromiss das Land aus der Krise führen konnte. So wurde der Posten des Premierministers neu geschaffen, die Ministerien auf- und die Macht geteilt.

Internationale Hilfsgemeinschaft kehren zurück

Denn Simbabwe liegt am Boden. Mehr als 90 Prozent der Menschen gelten als arbeitslos, die Cholera hat sich über die Hauptstadt Harare auch in den ländlichen Gebieten ausgebreitet, die einstige Kornkammer der Region ist auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. "Sieben Millionen Simbabwer brauchen dringend Lebensmittel von außerhalb," so Premierminister Tsvangirai. Die Arbeit der internationalen Hilfsorganisationen wurde jedoch suspendiert, die Entwicklungszusammenarbeit mit den westlichen Staaten eingestellt. Präsident Mugabe sah sich einem Komplott der einstige Kolonialmacht Groß Britannien ausgeliefert und hetzte gegen die westliche Welt. Am Ende war Simbabwe vollständig isoliert.

Nun jedoch wendet sich Simbabwe wieder der internationalen Gemeinschaft zu und legt endlich auch einen Aktionsplan vor. Vergangene Woche lud Präsident Mugabe die großen Hilfswerke ein, nach Simbabwe zurückzukehren. Premierminister Tsvangirai versprach eine Revision der Landreform, mit der in Simbabwe im Jahr 2000 der Abwärtstrend begann. Und am vergangenen Wochenende einigten sich die Regierungsvertreter darauf, in den kommenden hundert Tagen das Ruder des verarmten Landes wieder herumzureißen.

Menschenrechte und Meinungsfreiheit

Die Zensur der wichtigsten Medien, vor allem der Regierungs- und Mugabe-kritischen soll abgeschafft werden, die grundlegenden Menschenrechte wie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit wieder überall garantiert werden. Im kommenden Jahr soll eine neue Verfassung stehen, die die Demokratie nach Simbabwe zurückkehren lässt und von allen mitgetragen wird. "Wir haben bereits begonnen, die wichtigsten Repräsentanten der Zivilgesellschaft in einem Dialog zusammenzubringen, um alle in den verfassungsgebenden Prozess einzubinden," so Eric Matinenga, der zuständige Minister für Verfassungsfragen.

Die internationale Gemeinschaft, darunter die Vereinigten Staaten von Amerika, die Europäische Union und Groß Britannien, wurden aufgerufen, wieder mit dem Land zusammenzuarbeiten und ihre Sanktionen fallen zu lassen. "Wir wollen eine Rückkehr zu normalen Beziehungen zwischen Simbabwe und der Welt," so Patrick Chinamasa, Justizminister von der Mugabe-Partei ZANU-PF, "also werden wir die Hand weit ausstrecken." Auch der Internationale Währungsfonds (IWF), die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank wurden in ersten Verhandlungen um Hilfe gebeten. Simbabwe benötigt für seinen Notfallplan etwa 8,5 Milliarden Dollar in den kommenden drei Jahren. Als sichtbaren Reformschritt hat das Land gerade seine eigene Währung aufgegeben.

Die neue Regierung will sich nun also auch in der Praxis bewähren. Der Aktionsplan soll die eigene Bevölkerung aber auch die internationale Gemeinschaft versichern, dass sie zur Tat schreitet und gut zusammenarbeitet. Simbabwe braucht dringend Hilfe, und stellt sich nun auch wieder internationalen Journalisten. Australien hat die Entwicklungszusammenarbeit vergangenen Monat wieder aufgenommen. Die Regierung in Canberra hat angekündigt fünf Millionen Euro für die Wiederherstellung der Wasser- und Gesundheitsversorgung der simbabwischen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Dabei betonte der australische Außenminister Stephen Smith jedoch, dass "wir uns keine Illusionen über die Zerbrechlichkeit der aktuellen politischen Situation machen."

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben bislang nicht reagiert, dabei wärees richtig, die ersten Fortschritte zu belohnen und den eingeschlagenen Kurs abzusichern. Simbabwe braucht dringend Unterstützung für seine Einheitsregierung, so überraschend der Kurswechsel von Präsident Robert Mugabe auch sein mag, hier geht es weniger um ihn, als um das Schicksal seiner Bevölkerung.


Jérôme Cholet arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten. Themen sind Wahlen, Armut und Entwicklung.

Schlagwörter
Autor*in
Jérôme Cholet

arbeitet als freier Autor mit Schwerpunkt Afrika, Lateinamerika und Naher Osten.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare