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Rolf Mützenich: „Neuwahlen nicht auszuschließen“

von Vera Rosigkeit · 21. September 2014

Der SPD-Politiker Rolf Mützenich empfiehlt einer neuen Regierung in Italien Reformschritte sowie ein Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit.

vorwärts: Lässt sich das vorläufige Wahlergebnis in Italien als Anti-Europa-Wahl bezeichnen?

Rolf Mützenich: Die Italienerinnen und Italiener sind weiterhin in ihrer Grundüberzeugung eine Gemeinschaft, die sich den europäischen Traditionen und der europäischen Integration als Konsequenz aus den Weltkriegen verpflichtet fühlt. Das Wahlergebnis ist Ausdruck einer Vielzahl von Ursachen, die auch in den jüngsten Beschlüssen zur EURO- und Finanzkrise resultieren. Vor allem aber ist es Ausdruck der Skepsis gegenüber dem Träger des politischen Systems.

Woher kommt die tiefe Skepsis gegen die EU?

Es ist weniger Skepsis gegenüber Europa, sondern vielmehr Enttäuschung und Frustration über den Zustand der italienischen Gesellschaft und der politischen Klasse, die sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung widerspiegelt.

Ist bereits abzusehen, welche Konsequenzen dieses Ergebnis für Italien haben wird? 

Das werden die nächsten Tage zeigen. Die Akteure müssen lernen mit den Ergebnissen umzugehen. Es wird auf den Staatspräsidenten ankommen. Eine fortschrittliche Regierung sollte meines Erachtens ihr Programm den beiden Kammern und damit der Öffentlichkeit transparent darlegen und versuchen, weitere Reformschritte, einschließlich eines Programms gegen die Jugendarbeitslosigkeit auf den Weg zu bringen. Sollte die Patt-Situation zu einer dauerhaften Blockade der italienischen Politik führen, sind auch Neuwahlen nicht auszuschließen.

...und für die europäische Politik?

Das Ergebnis ist zuerst innenpolitisch relevant. Die europäischen Institutionen und vor allem die Bundesregierung müssen lernen, die Ängste und Nöte der Menschen ernst zu nehmen. Nicht Maßnahmen für eine marktkonforme Demokratie sind gefragt, sondern Entscheidungen zugunsten von Regeln und Wachstumsimpulsen. Wir brauchen in Europa eine Kombination aus Haushaltsdisziplin und Investitionsmitteln, die Wachstum und vor allem Arbeit schaffen.

 

Dr. Rolf Mützenich sitzt für die SPD im Deutschen Bundestag und ist Sprecher der Arbeitsgruppe Außenpolitik. Mehr Inforamtionen unter spdfraktion.de.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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