Progressive Allianz: Vereinte Nationen müssen bürgernäher werden
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Es ist ein düsteres Szenario, das die „Progressive Allianz“ (PA) beschreibt. Nach der Finanzkrise stecke die Welt nun in einer Klima- und Gesundheitskrise. Armut sei noch immer weit verbreitet bzw. nehme sogar wieder zu. Junge Menschen seien vielerorts „zu einem Leben ohne Zukunft verdammt. Unsere Welt ist verletzlich, unausgewogen und ungerecht.“
„Die Bürger*innen müssen ihre Zukunft zurückfordern“
Dabei seien die Voraussetzungen, die Welt zum Besseren zu verändern, eigentlich gut: „Die gegenwärtigen Revolutionen in mehreren wissenschaftlichen Bereichen und die Vervielfältigung digitaler Werkzeuge bieten außergewöhnliche Möglichkeiten für den Aufbau einer Gesellschaft des Wohlergehens für alle“, schreibt der Vorstand der PA, eines weltweiten Zusammenschlusses von mehr als 140 sozialdemokratischen und progressiven Parteien, in einer politischen Erklärung an die gerade stattfindende Generalversammlung der Vereinten Nationen.
Um diese Möglichkeiten besser zu nutzen, fordern die Parteien, zu denen auch die SPD gehört, in dem siebenseitigen Papier ein neues System der internationalen Zusammenarbeit. „Für die Bürgerinnen und Bürger der Welt muss 2020 das Jahr sein, um unabhängig von ihrer Nationalität, Kultur oder ihrem Glauben und mit den beiden Hälften der Menschheit, Frauen und Männern, ihr Leben, ihren Planeten und ihre Zukunft zurückzufordern und eine Agenda für einen Multilateralismus des 21. Jahrhunderts einzufordern.“
Bürger*innen sollen UNO Vorschläge machen
Damit diese „Stimme der Weltbürger“ auch Gehör findet, fordert die „Progressive Allianz“ eine „Weltbürgerinititative (WCI)“, über die Bürger*innen Vorschläge bei der UN-Generalsversammlung einreichen können, eine Art weltweites Bürgerbegehren also. Zudem sollen „neue Medieninstrumente“ geschaffen werden, „um eine internationale Öffentlichkeit herzustellen“.
Aus Sicht der „Progressiven Allianz“ sollte die Weltgemeinschaft zudem die Corona-Krise für eine Art Neustart nutzen. So sollen „die Art und Weise, wie wir konsumieren, uns bewegen und produzieren“, deutlich verändert werden, um die „Tendenzen des sehr besorgniserregenden Klimawandels“ umzukehren. Ein „neuer Sozialvertrag“ soll Bürger*innen weltweit „einen universellen Zugang zu Gesundheitsversorgung, Bildung und sozialem Schutz sowie Umweltqualität“ bieten. Impfstoffe gegen Pandemien – wie Corona – sollen künftig den Status „lebenswichtiger sozialer Güter“ erhalten.
Zur Finanzierung sollen „Großunternehmen, multinationale Konzerne und Finanzkapital ihren gerechten Anteil“ leisten, „da die Menschen in der jüngsten Vergangenheit genug für eine Krise bezahlt haben, die sie nicht provoziert haben“.
Bullmann: PA muss Instrument der Kooperation werden
„Die Corona-Pandemie macht kein Halt an Grenzen, sondern grassiert weltweit“, sagt Udo Bullmann, Europabeauftragter der SPD und Mitglied im Vorstand der „Progressiven Allianz“. Mit ihrer Erklärung unterstreiche die PA, „dass wir enger zusammenarbeiten müssen, um den Virus zu besiegen“. Bullmann fordert eine konsequente Umsetzung der „Agenda 2030“ der Vereinten Nationen. „Das geht nur, wenn wir in den entwickelten Industriestaaten mit unseren Partnern im Globalen Süden Hand in Hand arbeiten. Dazu müssen wir die Progressive Alliance zu einem starken Instrument der Kooperation und Solidarität machen.“
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.