International

Parteivorsitz: Spaniens Sozialdemokraten haben die Wahl

Drei Kandidaten bewerben sich um den Vorsitz der Sozialdemokratischen Partei in Spanien. Susana Díaz gilt zwar als Favoritin, kündigt für den Fall einer Niederlage jedoch drastische Schritte an.
von Gero Maaß · 19. Mai 2017

Wenige Tage vor dem Mitgliederentscheid der spanischen Sozialdemokraten (PSOE) über den neuen Kurs ihrer Partei ist der Ausgang völlig offen. Bei der Nominierungsrunde für die am kommenden Sonntag anstehende Wahl des neuen Generalsekretärs/in der Partei siegte Susana Díaz mit 60.231 Unterschriften knapp vor Pedro Sánchez, der 53.692 Unterschriften sammeln konnte. Mit knapp 10.000 Unterstützern/innen landete Patxi López abgeschlagen auf dem dritten Rang. Auch nach der öffentlichen Debattenrunde der drei am vergangenen Montag sieht alles weiterhin nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Susana und Pedro aus. Abstimmungsberechtigt sind alle knapp 188.000 Parteimitglieder.

Innerparteilicher Streit über den politischen Kurs

Seit dem Rücktritt des Parteivorstands und des Generalsekretärs Pedro Sánchez im Oktober des vergangenen Jahres ist die PSOE innerparteilich über den politischen Kurs zerstritten: Die Forderungen reichen von der Bildung einer linken Koalition mit der linkspopulistischen Podemos bis zu einer Duldung der konservativen Minderheitsregierung. Ende Oktober hatte die sozialdemokratische Parlamentsfraktion den seit Dezember 2015 nur geschäftsführenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy im zweiten Wahlgang per Enthaltung ins Amt verholfen. Zwar handelte die Partei im Gegenzug einige Zugeständnisse aus – beispielsweise die Erhöhung des Mindestlohns - insgesamt aber sank der Stern der Partei weiter.

Reichte es bei den Neuwahlen vom Juni 2016 mit 22,7 Prozent der Stimmen noch zum zweiten Platz im spanischen Parteienspektrum (Podemos 21,1 Prozent), landete sie in Meinungsumfragen zuletzt nur noch an dritter Stelle: Im April 2017 kamen die Sozialdemokraten auf 20,2 Prozent und wurden von Podemos mit 20,7 Prozent knapp überholt. Andere Umfragen bestätigen den Vertrauensverlust der PSOE. Danach gefragt, welche Partei sich am glaubwürdigsten gegen Korruption einsetze, kamen Podemos auf 25 und Ciudadanos auf 19 Prozent – die spanische Volkspartei (PP) und PSOE nur auf zehn Prozent. Ein ähnliches Ergebnis gab es bei der Frage nach dem Einsatz für die Erneuerung der spanischen Demokratie: Hinter Ciudanos, Podemos und PP landete die PSOE auf dem vierten Rang.

Die Kandidaten in der Übersicht

Mit der Abstimmung am Sonntag soll nun neuer Schwung in die Partei kommen. Mitte Juni soll die neue Führung auf dem Parteikongress ins Amt gewählt werden. Folgende Kandidaten und Kandidatinnen gehen ins Rennen:

Pedro Sánchez tritt mit einem linken Profil an und sieht sich als Kandidat der einfachen Parteigänger. Sánchez steht für mehr Mitsprache der Mitglieder bei den Entscheidungen der Partei zulasten der bislang starken Landesverbände, eine Anerkennung Spaniens als Staat mit mehreren „Nationen“ (als Alternative zu den Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens) und für die Einführung eines Grundeinkommens.

Patxi López könnte als ehemaliger Regionalpräsident des Baskenlandes und Ex-Präsident des Kongresses eine Brücke zwischen den Lagern schlagen. Kritiker halten ihn indes für eine Persönlichkeit der Vergangenheit.

Susana Díaz ist Regierungspräsidentin von Andalusien und Vorsitzende des stärksten Landesverbandes der PSOE. Díaz ist Favoritin der Mehrheit der PSOE-Regionalpräsidenten und genießt den Rückhalt der beiden ehemaligen Ministerpräsidenten González und Zapatero. Auch in der derzeitigen Übergangsexekutive gibt ihr Flügel den Ton an. Die Südspanierin polarisiert indes und ist im nördlichen Spanien und „an der Basis“ umstritten.

Díaz setzt auf Sieg

Ob die Partei nach dem Mitgliederbescheid wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt, kann bezweifelt werden: Die Gräben der letzten Monate sind tief, auch wenn alle immer wieder ihren Willen betonen, die Partei zusammenzuführen. In einem Interview ließ Susana Díaz durchblicken, dass eine von Sánchez geführte PSOE nicht mehr ihre politische Heimat wäre. Ein alter und neuer Generalsekretär Sánchez mag mehr Stimmen bei den „einfachen“ Mitgliedern bekommen, die Parteiarbeit hängt aber auch vom Parteikader und der Fraktion ab, die auf Blockade schalten könnten. Díaz wiederum weiß den Kader sowie die Spitzen der Regionen und der Fraktion hinter sich, jedoch ist ihr Image an der Basis beschädigt. Auch bei den Wählern und Wählerinnen dürfte der Effekt als klare Alternative begrenzt sein.

Autor*in
Gero Maaß

leitet das Büro der Friedrich-Ebert-Stiftung in Madrid.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare