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Panama Papers: Warum Camerons Fehler den Brexit wahrscheinlicher macht

Auf den ersten Blick besteht kein Zusammenhang zwischen dem Brexit und David Camerons Geständnis, er sei an der Offshore-Firma seines Vaters beteiligt gewesen. Tatsächlich könnten die Enthüllungen durch die „Panama Papers“ aber Einfluss auf das anstehende EU-Referendum haben.
von · 11. April 2016

Eine Woche ist die Veröffentlichung der „Panama Papers“ nun her und von Entspannung für die so „Enthüllten“ kann keine Rede sein. Besonders unentspannt ist gerade Englands Premierminister David Cameron. Der hatte tagelang herumlaviert und verschiedene Erklärungen abgegeben, als die Offshore-Beteiligungen seines Vaters publik wurden: Der mittlerweile verstorbene Daddy Cameron war 30 Jahre lang Direktor der Briefkastenfirma Blairmore Investment Trust. Cameron und seine Ehefrau besaßen daran Anteile, Cameron verkaufte sie jedoch, bevor er 2010 Premierminister wurde.

Referendum über den Verbleib in der EU

So weit, so gut und korrekt. Allerdings brauchte Cameron ganze vier Tage, um einzugestehen, dass er an der Firma seines Vaters beteiligt war. Gutes Krisenmanagement sieht anders aus. In einem lesenswerten Kommentar für den britischen „Guardian“ schreibt Anne McElvoy, David Cameron habe unterschätzt, wie sehr sich das Verhältnis der Tories zu Vermögen geändert habe: Seit den 1980ern, so McElvoy, hätten Reichtum und Erfolg dem Konservatismus nicht geschadet. Seit die Parole aber „necessary austerity“ – notwendige Sparsamkeit – laute, werde die übermäßige Zurschaustellung des eigenen Vermögens kritisch gesehen. Fazit: „Wenn die Tory-Partei immer noch ein Problem mit Geld hat, liegt das nicht daran, dass die Leute sich plötzlich bewusst geworden sind, dass Dave, George (Osborne, Anm.) und die Bande gut situiert sind. Der Schaden besteht in der Wahrnehmung, dass sie eine Beziehung zu Geld hatten, die geheim war und ganz bewusst so gehalten wurde.“

Die Briten sind also not amused, Camerons Glaubwürdigkeit und Integrität haben schwer gelitten. Da hilft auch nicht, dass der Premierminister jetzt verstärkt gegen Steuerhinterziehung vorgehen will. Letztendlich schadet Camerons Glaubwürdigkeitsproblem vor allem der Europäischen Union: In zweieinhalb Monaten steht schon das Referendum über den Verbleib Großbritanniens in der EU an. Cameron selbst wirbt für den Verbleib, halbherzig. Trotzdem ist er das einzige bekannte Gesicht, das die „In“-Kampagne hat. Aber vielleicht ist er dafür bald überflüssig: Aktivisten haben vor wenigen Tagen die Kampagne #hugabrit ins Leben gerufen. Motto: Umarme einen Briten und sorge dafür, dass Großbritannien EU-Mitglied bleibt! Tessa Szyszokwitz, Mitgründerin der dahinterstehenden Gruppe #PleaseDon’tGoUK verkündete, Ziel sei es „eine Liebes-Bombe an das britische Volk zu schicken, weil wir finden, die EU ist ein Projekt, für das es sich zu kämpfen lohnt.“ Na, wer braucht dann schon einen angeschlagenen Regierungschef?

Schlechte Kommunikation von David Cameron

Leider sind auch tausende Briten umarmende Menschen vermutlich nicht genug, um den Großteil der EU-müden Briten davon zu überzeugen, was für eine tolle Sache die Union doch ist. Momentan sieht es so aus, dass es bei der Abstimmung in zweieinhalb Monaten eng werden könnte. Ja, es soll bei solchen Referenden natürlich um die Sache gehen, um Inhalte. Aber das EU-Ukraine-Referendum in den Niederlanden hat das letzte Woche zum wiederholten Male als Illusion entlarvt. Trotzdem würde man sich wünschen, dass, sollte Großbritannien wirklich für den Brexit votieren, diese Entscheidung auf mehr basiert als auf den Kommunikationskatastrophen eines David Cameron.

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