Olympische Spiele: „Der Ausschluss Russlands wäre eine angebrachte Konsequenz“
Am heutigen Freitag beginnen die Olympischen Spiele in Rio. Auf welchen Wettkampf freuen Sie sich besonders?
Als ehemalige Athletin freue ich mich natürlich besonders auf die Judo Wettkämpfe.
Im Juni hat der Bundesstaat Rio de Janeiro, wo der Großteil der Wettkämpfe stattfinden wird, den „finanziellen Notstand“ ausgerufen. Welchen Einfluss hat das auf die Spiele?
Durch die Ausrufung des finanziellen Notstands versucht der Bundesstaat von der brasilianischen Zentralregierung Sonderzahlungen zu erhalten, unter anderem um die öffentlichen Dienstleistungen sicherzustellen. Die Gesamtkosten der Spiele belaufen sich auf knapp zehn Milliarden Euro. Nach Aussage des Bürgermeisters von Rio Eduardo Paes wird die Finanzlage keine Auswirkungen auf die olympischen Spiele zeigen. Aus sozialdemokratischer Perspektive ist vielmehr die Frage relevant ob bzw. welchen Einfluss die Spiele auf die finanzielle Lage des Landes hat. Dies kann sachlich jedoch erst nach den Spielen beantworten werden.
Nach einer anfänglichen Euphorie lehnt mittlerweile fast die Hälfte der Brasilianer die Spiele im eigenen Land ab. Welchen Sinn haben Großereignisse, wenn das Volk sie nicht will?
Es ist dringend notwendig die Bevölkerung von den Vorzügen zu überzeugen die dem Ausrichterland durch olympische Spiele zukommen. Die wirtschaftlichen Vorteile von Olympia liegen auf der Hand. Es erfolgen beachtliche Investitionen in die Infrastruktur, den Sportstättenausbau und den Tourismus – von all dem profitiert die Bevölkerung nachhaltig. Der olympische Geist ist der Traum eines jeden Olympioniken an den Spielen teilzunehmen. Dieser sagenhafte Spirit kann ein ganzes Land erfassen und ist nicht in Geld aufzuwiegen.
Die russischen Leichtathleten sowie die Gewichtheber dürfen wegen Dopingvorwürfen nicht in Rio an den Start gehen. Reicht das aus oder hätte die gesamte russische Mannschaft zuhause bleiben müssen?
Durch die Veröffentlichung des McLaren-Reports ist deutlich geworden, dass es sich in Russland um staatlich-gesteuertes Doping handelt. Ein solcher institutioneller Eingriff in die Integrität des organisierten Sports ist nicht hinnehmbar und muss Konsequenzen haben. Denn ein Staat, der nationales sportliches Prestige auf Kosten der Gesundheit seiner Sportlerinnen und Sportler zu erlangen versucht, verkauft die olympische Idee. Aus meiner Sicht handelt sich um Betrug an den – sauberen – Athleten und den Zuschauern. Darüber hinaus gefährdet dieser Betrug den Sport an sich, weil immer häufiger Ergebnislisten nach positiven Dopingtests umgeschrieben werden müssen. Dies zeigt sich auch daran, dass Olympiasieger im Nachrückverfahren gekürt werden. Es ist Zeit, dass das IOC seiner oft gepriesenen Null-Toleranz-Politik in Sachen Doping nachkommt. Der Ausschluss Russlands von den olympischen Sommerspielen in Rio wäre eine angebrachte Konsequenz. Es bedarf einer klaren Kante gegen Doping im Sport.
Dopingsünder und -Verfolger liefern sich seit Jahren ein Katz-und-Maus-Spiel. Wie realistisch ist das Ziel der sauberen Spiele überhaupt noch?
Mir geht es in erster Linie um sauberen Sport, dabei sind olympische Spiele nur die Spitze des Eisbergs. Es gilt zunächst anzuerkennen, dass die Politik lediglich nationalstaatliche Handlungskompetenz besitzt während die Teilnahme gedopter Sportlerinnen und Sportler eine internationale Problemlage darstellt. Eine internationale Initiative wäre zwar ein geeigneter Lösungsansatz, ließ sich aber in den letzten Jahren nicht realisieren. Stattdessen haben wir uns in Deutschland dazu entschieden eine Vorreiterrolle in Sachen Kampf gegen Dopingsünder einzunehmen. Darum haben wir in dieser Legislaturperiode ein Antidopinggesetz verabschiedet für das die SPD lange gekämpft hat.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.