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Neustart der EU-Handelspolitik: Warum mit Biden vieles besser werden kann

Am Mittwoch will die EU-Kommission ihre Pläne für die künftige Handelspolitik präsentieren. Seine Vorstellungen erläuterte der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, der SPD-Politiker Bernd Lange, bereits am Dienstag.
von Jonas Jordan · 16. Februar 2021

Die EU-Kommission hatte bereits im Sommer angekündigt – auch im Angesicht der Corona-Pandemie – die europäische Handelspolitik umfassend auf den Prüfstand zu stellen. Wie die EU-Handelspolitik künftig aussehen soll, will sie am Mittwoch, den 17. Februar, vorstellen. Über Erwartungen des Europäischen Parlamentes, die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA sowie die aktuellen Grenzschließungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie sprach Bernd Lange, SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, in einem Pressegespräch am Dienstagvormittag.

...das Handelsabkommen zwischen Großbritannien und der EU

Eigentlich ist das Abkommen, das die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit regeln soll, seit Wochen ausverhandelt. Die Abstimmung darüber im Europäischen Parlament wird sich dennoch verzögern und frühestens im März über die Bühne gehen können. Grund dafür sind nationale Befindlichkeiten, wie Lange am Dienstag berichtete. So wolle Frankreich den Text des Entwurfes zunächst übersetzen und juristisch prüfen lassen. Lange kritisierte das: „Ich finde das ziemlich unnötig. Denn das Parlament ist fertig. Auch im Rat gibt es keine grundsätzlichen Bedenken. Das sind einfach persönliche Eitelkeiten.“

...Pläne für ein europäisches Lieferkettengesetz

Einer der Grundpfeiler in der künftigen Handelspolitik der Europäischen Union müsse es sein, Globalisierung gerechter zu gestalten. In dem Kontext müsse auch das Europäische Parlament stärker Einfluss nehmen, sagte Lange und erwähnte den Entwurf für ein europäisches Lieferkettengesetz, der im März im Plenum beraten werden solle. Mit Blick auf die am Freitag vorgestellte Einigung für ein Lieferkettengesetz in Deutschland äußerte sich Lange lobend. Die im Entwurf enthaltenen Regelungen seien – anders als beim französischen Lieferkettengesetz – genau gefasst und dienten dem Ziel, die Bedingungen vor Ort in den Produktionsländern zu verbessern.

...die künftigen Handelsbeziehungen zwischen der EU und den USA

„Nicht alles wird anders, aber vieles wird besser“, sagte Lange zu den handelspolitischen Erwartungen an den neuen US-Präsidenten Joe Biden. Zwar gebe es eine sehr starke binnenmarktorientierte Politik, die Konsens in der US-amerikanischen Politik sei und sich auch nach dem Machtwechsel im Weißen Haus nicht ändern werde. Beispielsweise sei nicht damit zu rechnen, dass die Biden-Administration die von der Vorgänger-Regierung verhängten Zölle auf Stahl wieder zurücknehme. Optimistisch mache ihn allerdings der neue, partnerschaftliche Umgang. „Joe Biden geht auf die EU zu“, sagte Lange und machte dies vor allem daran fest, dass die USA mit Bidens Amtsantritt auch ihre Blockadehaltung gegen die neue WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala aus Nigeria aufgaben. „Sie ist die Richtige, um wieder Dynamik in die WTO zu bringen“, urteilte Lange.

...Impstoffbeschaffung auf europäischer Ebene

Bernd Lange kritisierte die im Zuge der Impfstoffbeschaffung auf europäischer Ebene angewandte Politik der Exportkontrolle. Diese sei „unsäglich“ und das falsche Instrument angesichts der Tatsache, dass es lediglich bei der Lieferung von Impfstoffdosen des Herstellers AstraZeneca Probleme gegeben habe. „Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagte Lange. Gleichzeitig seien viele Länder – darunter enge Partner wie beispielsweise Kanada – verärgert worden.

...innereuropäische Grenzschließungen

Deutliche Kritik äußerte Lange auch an den zuletzt vorgenommenen Grenzschließungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, beispielsweise an der deutsch-tschechischen Grenze. „Sie können sich vorstellen, dass ich kein Freund davon bin“, sagte Lange. Auch in seiner Heimat Niedersachsen gebe es Kreise mit einem Inzidenzwert von mehr als 200. Aber da komme trotzdem keiner auf die Idee, Reisen von Ostfriesland nach Hannover zu verbieten. „Da muss man anders mit umgehen. Grenzkontrollen und Abschottungen sind nicht adäquat“, mahnte Lange und wertete diese sehr stark als „parteipolitische Positionierung von Herrn Seehofer gegenüber der EU“.

...sein Verhältnis zum neuen EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis

Ende August war der Ire Phil Hogan als EU-Handelskommissar wegen Verletzung der Corona-Auflagen in seinem Land zurückgetreten. Sein Nachfolger wurde der frühere lettische Ministerpräsident Valdis Dombrovskis. Bernd Lange zeigt sich sehr zufrieden mit dem neuem Handelskommissar. „Ich war am Anfang nicht Feuer und Flamme, weil ich ihn sehr zurückhaltend fand, aber er ist kein Dampfplauderer, sondern wirklich solide und fundiert. Das ist mir als Norddeutscher sehr sympathisch. Wir telefonieren auch viel und tauschen uns aus.“

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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