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Neuer US-Präsident: Was Europa von Joe Biden erwartet

Joe Biden ist neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Das wird auch Auswirkungen auf die Beziehungen zur Europäischen Union haben. Ob es deutliche Verbesserungen zum Status unter Vorgänger Donald Trump gibt, ist jedoch fraglich.
von Kai Doering · 6. November 2020
Transatlantische Partner: Mit Joe Biden als Präsident werden die Beziehungen zwischen den USA und Europa anders, aber nicht unbedingt einfacher.
Transatlantische Partner: Mit Joe Biden als Präsident werden die Beziehungen zwischen den USA und Europa anders, aber nicht unbedingt einfacher.

„Unabhängig vom Ausgang der Wahl bleiben die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten anspruchsvoll“, sagt David McAllister. Der Vorsitzende des Außenausschusses des Europäischen Parlaments ist zwar überzeugt, dass es mit dem neuen US-Präsidenten Joe Biden „einen neuen Impuls für die transatlantischen Beziehungen“ geben wird und zudem „mehr Vertrauen und mehr Berechenbarkeit“ als unter Donald Trump, „aber auch unter Biden werden die transatlantischen Beziehungen anspruchsvoll bleiben“.

„Joe Biden steht für Multilateralismus“

Meinungsverschiedenheiten zwischen der Europäischen Union und den USA werde es auch weiterhin geben, ein „back to the old normal“ dagegen nicht. Und doch wird aus McAllisters Sicht nun einiges einfacher im Umgang mit den USA. „Joe Biden steht für Multilateralismus. Er will die internationalen Institutionen reformieren und nicht zerstören.“

Ähnlich sieht es Bernd Lange, Vorsitzender des Handelsausschusses des Europäischen Parlaments. „Mit Joe Biden wird es keine fundamentalen Änderungen in der Positionierung, aber in der Art und Weise geben“, ist der Sozialdemokrat überzeugt. Aber: „Eine Binnenmarkt-Orientierung werden wir auch unter Joe Biden sehen.“ Das heißt im Klartext: Auch der neue Präsident dürfte eine Strategie des „America first“ in wirtschaftlichen Fragen verfolgen, Protektionismus inklusive. Auch mit Joe Biden werde es keinen neuen Anlauf für das umstrittene TTIP-Abkommen geben, ist Lange überzeugt.

EU muss ihre Interesssen selbstbewusster vertreten

„Die Interessengegensätze bleiben“, sagt Lange. Für die Europäische Union müsse das Ergebnis der amerikanischen Präsidentschaftswahl „ein Weckruf“ sein. „Für die EU kann das nur weiter bedeuten, dass wir noch stärker und selbstbewusster unsere Positionen, Interessen und Werte in die Globalisierung einbringen.“

Ähnlich hatte sich am Mittwoch auch Außenamts-Staatsminister Niels Annen gegenüber dem „vorwärts“ geäußert. „Eine enge Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Staaten ist weiterhin unser ureigenes Interesse“, sagte Annen, doch müsse die deutsche und die europäische Politik „souveräner werden“. Deutsche und europäische Unternehmen müssten auch künftig „vor dem Druck und der Einmischung der USA“ geschützt werden, so Annen. „Deshalb müssen wir unsere gemeinsame europäische Außenpolitik handlungsfähiger machen.“

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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