Nach Sturm auf Kongress in Brasilia: SPD-Solidarität für Lula
IMAGO/Fotoarena
Zwei Jahre und zwei Tage liegen exakt zwischen den Geschehnissen des 6. Januar 2021 in Washington D.C. und dem, was am Sonntag in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia passiert ist. Doch nicht nur der Zeitpunkt, auch die Umstände der Ereignisse ähneln sich sehr. Kein Wunder also, dass der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil bei einer Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus am Montagmittag sagte: „Es war wie ein Déjà-vu.“
Klingbeil: „Geplanter Angriff auf brasilianische Demokratie“
In den USA waren es im vorletzten Jahr die Anhänger*innen von Donald Trump, die dessen Abwahl nicht akzeptieren wollten und das Kapitol stürmten. In Brasilien waren es die Sympathisant*innen des rechtsextremen Ex-Präsidenten Bolsonaro, der zurzeit in Florida weilt und sich erst spät via Twitter davon distanzierte, dass diese die Regierungsgebäude inmitten der Hauptstadt gestürmt hatten. „Das war ein geplanter Angriff auf die brasilianische Demokratie“, machte SPD-Chef Lars Klingbeil deutlich, der wie viele Staats- und Regierungschef*innen sowie Parteivorsitzende aus aller Welt seine Solidarität mit dem brasilianischen Präsidenten Lula da Silva und dessen Arbeiterpartei PT zum Ausdruck brachte.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz schrieb auf Twitter: „Schlimme Bilder erreichen uns aus Brasilien. Die gewalttätigen Attacken auf die demokratischen Institutionen sind ein Angriff auf die Demokratie, der nicht zu tolerieren ist. Wir stehen eng an der Seite von Präsident Lula und der Brasilianerinnen und Brasilianer!“ Lula selbst machte ebenfalls seinen Vorgänger Bolsonaro für die Geschehnisse verantwortlich. „Diese Leute, die wir Faschisten nennen, das Abscheulichste in der Politik, sind in den Palast und den Kongress eingedrungen. Wir glauben, dass es an Sicherheit mangelte“, schrieb er unmittelbar nach den Vorkommnissen am Montagnachmittag auf Twitter.
Sicherheitschef entlassen, Gouverneur suspendiert
Überraschend kamen diese nicht, hatten sich die Anhänger*innen Bolsonaros doch in den vergangenen Wochen über die sozialen Medien dazu verabredet. Die Polizei in Brasilia wirkte trotzdem zunächst überfordert. Erst am Abend waren alle Gebäude wieder vollständig unter Kontrolle, nachdem bereits mehrere Büros verwüstet und wertvolle Gemälde beschädigt worden waren. Als Konsequenz aus den Vorfällen entließ Lula den Sicherheitschef der Hauptstadt Brasilia, der zuvor unter Bolsonaro Justizminister gewesen war. Zudem wurde der Gouverneur des Hauptstadtdistrikts für 90 Tage vom Amt suspendiert. Erste Verfahren gegen einige der Bolsonaro-Anhänger*innen laufen bereits.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori, die Brasilien rund um die Präsidentschaftswahl Ende Oktober besucht hatte, forderte auf Twitter, Bolsonaros Rolle bei diesem Putschversuch müsse gerichtlich untersucht und geklärt werden. „Ist es Zufall, dass er rechtzeitig zu Trump nach Florida geflohen ist? Die USA dürfen kein Hafen für lateinamerikanische Möchtegern-Diktatoren sein“, schrieb sie. Auch der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann nannte die Stürmungen von Regierungsgebäuden in einer Pressemitteilung einen „unfassbaren Angriff auf die Demokratie“. Bullmann kommentierte: „Diese Attacken unterstreichen die Gefahr, die von rechtsextremen Populisten in den USA, in Brasilien aber auch weltweit ausgeht.“
Lula als „riesige Chance“ für Brasilien
Dabei sei er überzeugt, dass Lulas Wahlsieg eine riesige Chance für Brasilien und Lateinamerika sei. „Nach vier Jahren Spaltung, Fake News und Umweltzerstörung unter Jair Bolsonaro kehren mit Lula Zusammenhalt und eine Politik der Gerechtigkeit für alle zurück in den Präsidentenpalast von Brasília“, schrieb er. Auch SPD-Chef Lars Klingbeil zeigte sich am Montag überzeugt: „Ich bin mir sicher, dass Lula es schaffen wird, das Land zu versöhnen und die Täter zu bekämpfen. Er hat dabei unsere volle Unterstützung.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo