Nach Grünen-Sieg in Österreich: Kein Grund zur Entwarnung
„Der Sieg von Alexander Van der Bellen ist ein gutes Signal“, findet SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Der Grünen-Politiker, der am Sonntag mit 51,7 Prozent zum neuen Präsidenten Österreichs gewählt wurde, stehe für Zusammenhalt und gegen Ausgrenzung, sagte Barley am Montag in Berlin. Die Rechtspopulisten der FPÖ jedoch wollten das genaue Gegenteil. „Ich bin sehr froh, dass die Österreicherinnen und Österreicher diesem Kurs der Ausgrenzung mehrheitlich nicht gefolgt sind“, freute sich die SPD-Politikerin darüber, dass der rechtspopulistische Kandidat Norbert Hofer nicht in die Wiener Hofburg einziehen wird.
Welchen Kurs nimmt die CDU ein?
„Natürlich ist das Wahlergebnis für uns keine Entwarnung“, gab Barley zu bedenken. Nach wie vor machten Rechtspopulisten europaweit Stimmung. Auch wenn Van der Bellen den Vormarsch der Rechtspopulisten – zumindest in Österreich – vorerst gestoppt hat, gegen den Rechtsruck will die SPD weiterhin kämpfen, kündigte Barley an: „mit Nachdruck, Argumenten und Leidenschaft“.
Auch bei den deutschen Konservativen spiegelt sich die Zerreißprobe in Europa wieder, deutete Barley an: „Die Spaltung innerhalb von CDU und CSU ist ja nicht zu übersehen.“ Dass CSU-Chef Horst Seehofer zuletzt immer wieder Bundeskanzlerin Angela Merkel wegen ihrer Positionen in der Flüchtlingsfrage attackierte, ist bekannt. Kurz vor dem Bundesparteitag der Christdemokraten, der ab Montag in Essen stattfindet, scheint die Ablehnung gegenüber Merkels Kurs nun allerdings auch in der CDU um sich zu greifen. Barley dazu: „Nach der CSU stellen sich auch Teile der CDU offen gegen die Flüchtlingspolitik von Angela Merkel, und die Kanzlerin ist jetzt aufgefordert zu klären, welchen Kurs die CDU da nun nimmt.“
Zerreißprobe: „Schutzheilige“ gegen „Hardliner“
Merkel könne nicht auf der einen Seite „die Schutzheilige der Flüchtlinge sein“ und auf der anderen Seite „die Grausamkeiten von Herrn Strobl einfach durchwinken“, so Barley. Thomas Strobl, stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender und baden-württembergischer Innenminister, hatte zuletzt mit besonders harten Forderungen auf sich aufmerksam gemacht: So will er in Ägypten Internierungslager für in Deutschland abgelehnte Asylbewerber bauen lassen und sogar Kranke ausweisen – vermehrt auch in das vom Bürgerkrieg gebeutelte Afghanistan.
Da Thomas Strobl hier der AfD näher zu stehen scheint als Merkels Politik, könnten seine Forderung auf dem Essener CDU-Parteitag diese Woche für Diskussionsstoff sorgen. Für Katarina Barley steht in diesem Zusammenhang fest: Die Union bleibe viel zu häufig wichtige politische Antworten schuldig. „Hier wie in vielen anderen Fragen drücken sich CDU wie auch CSU um Antworten herum“, kritisierte die SPD-Generalsekretärin ihre beiden Koalitionspartner.
Die Zerreißprobe, vor der Europa gerade steht, scheint nun auch die Union auf eine schwere Belastungsprobe zu stellen. Katarina Barley ist skeptisch, ob es Bundeskanzlerin Angela Merkel gelingen wird, gegen die Spaltung in der Gesellschaft – aber auch in der eigenen Partei – anzugehen: „Frau Merkel wird alle Hände voll zu tun haben, ihre Partei auf eine einheitliche Linie zu bringen, und ich bin sehr gespannt, wie sie sich insbesondere zur Flüchtlingspolitik und zum Kurs von Hardlinern wie Strobl äußern wird.“
ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.