Nach EuGH-Urteil: Was Polen, Ungarn und Tschechien jetzt droht
Xander Heinl/Photothek
Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Polen, Ungarn und Tschechien mit ihrer Weigerung, Flüchtlinge aufzunehmen, gegen Europäisches Recht verstoßen haben. Wie bewerten Sie das Urteil?
Ich begrüße das Urteil, denn es zeigt, dass die Ausreden der Länder, weshalb man aus angeblichen Sicherheitsbedenken keine Flüchtlinge aufnehmen könne, nicht gelten. Der EuGH beweist einmal mehr, dass er im Moment das schärfste Schwert zum Schutz unserer europäischen Werte ist.
Auch der EuGH kann die Länder nicht verpflichten, Flüchtlinge aufzunehmen, aber Geldstrafen verhängen. Was wäre da angemessen?
Wenn sich die Länder weigern, das Urteil umzusetzen, wären saftige Geldstrafen in Millionenhöhe angebracht. Der EuGH kann eine einmalige Strafzahlung und tägliche Zwangsgelder anordnen, für den Zeitraum, in dem ein Mitgliedsland weiter gegen EU Recht verstößt. Die Höhe wird dabei von Fall zu Fall festgelegt und orientiert sich unter anderem an der Schwere des Verstoßes und am Bruttoinlandsprodukt des Mitgliedsstaates. Bei vergangenen Rechtsstreitigkeiten drohten einzelnen Ländern Strafzahlungen von mehreren Hunderttausend Euro pro Tag.
Insbesondere Polen und Ungarn haben immer wieder gezeigt, dass sie die europäische Gerichtsbarkeit nicht sonderlich ernst nehmen. Wird sich daran durch dieses Urteil etwas ändern?
In der Vergangenheit haben sich Polen und Ungarn wenn auch mit großem Zähneknirschen an die Urteile des Europäischen Gerichtshofes gehalten, vielleicht auch wegen der drohenden finanziellen Strafen. Mir selbst hat der ungarische Botschafter letztes Jahr öffentlich in einer im Fernsehen ausgestrahlten Podiumsdiskussion zugesichert, dass Ungarn Flüchtlinge aufnehmen werde, wenn der EuGH entsprechend urteilt. Es bleibt abzuwarten, ob dies auch wirklich geschieht. Wenn nicht muss die Kommission die angesprochenen Strafzahlungen beim Europäischen Gerichtshof beantragen.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.