International

Mädchen in die Schule

von Karsten Wenzlaff · 1. Oktober 2009
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vorwaerts.de - Somero gibt es jetzt ein Jahr - wie entstand die Idee zu der Initiative?

Rassmann: In Uganda gibt es viele Hilfsprojekte, die den Gemeinschaften im Land zugute kommen. Für die vielen Kinder und Jugendlichen, die keinen Rückhalt in einer Gemeinschaft haben, zum Beispiel weil ihre Eltern an HIV/AIDS gestorben sind, reicht die Hilfe jedoch noch lange nicht aus.

Als ich ein solches Mädchen während eines Praktikums in Kampala kennenlernte, entstand die Idee diese Lücke durch eine gezielte, individuelle Bildungsförderung ein Stück weit zu schließen. Die junge Uganderin wurde die erste Stipendiatin von Somero.

Warum ist es gerade für junge Frauen in Uganda schwierig, eine gute Ausbildung zu bekommen?

Frauen und Mädchen werden in vielen afrikanischen Ländern, wie auch in Uganda, leider immer noch stark benachteiligt und diskriminiert. Im Zweifelsfall sind sie es, die nicht zur Schule gehen können und arbeiten müssen, wenn sich eine Familie nicht den Schulbesuch all ihrer Kinder leisten kann.

Die Bildung von Frauen wird oft nicht so sehr wert geschätzt wie die von Männern. So gibt es doppelt so viele ugandische Frauen wie Männer die nicht lesen und schreiben können und von fünf Mädchen, die in die erste Klasse gehen, schafft es nur eins bis zur fünften Klasse!

Was bedeutet eine Bildungspatenschaft konkret und wie hat sich das Leben der jungen Damen dadurch verändert?

Das Patenschaftsmodell von Somero ist eine auf die persönlichen Bedürfnisse der begünstigten Kinder und Jugendlichen zugeschnittene Bildungs- und Förderpatenschaft. Dabei unterstützen meist mehrere Bildungspaten in Deutschland die Ausbildung von einer Somero Stipendiatin durch eine monatliche Spende.

Über die Bildungspatenschaften finanzieren wir Bildung und das, was dafür nötig ist, damit die Begünstigten sich auf die Bildung konzentrieren können. Dazu gehört auch Beratung in allen Lebensfragen, medizinische und psychosoziale Betreuung sowie das Angebot einer beruflichen Perspektive.

Wie wird sichergestellt, dass die Spenden vor Ort auch direkt ankommen?

Hinter Somero steht ein Team von jungen Leuten in Berlin und Uganda, die sich ehrenamtlich engagieren. Die Verwaltungskosten können so sehr gering gehalten werden. Lediglich der Sozialarbeiter vor Ort erhält bisher eine Aufwandsentschädigung. Da wir die Zahl unserer Stipendiatin nun auf 11 erhöhen möchten, haben wir für den ugandischen Sozialarbeiter eine Halbtagsstelle eingerichtet.

Ein Großteil der Spenden geht direkt an die jeweilige Schule in Uganda. Für alle übrigen Ausgaben haben wir lückenlose Nachweise, da es uns besonders am Herzen liegt, dass keine Spendengelder "verloren gehen" oder für unnötige Verwaltungsausgaben verschwendet werden.

Welche Schwierigkeiten gibt es, von Deutschland aus Menschen in Uganda zu helfen?

Ohne einen erfahrenen und engagierten Mitstreiter vor Ort geht gar nichts! Der Sozialarbeiter Geofrey Nsubuga, der uns in Uganda unterstützt, ist äußerst zuverlässig und sehr einfühlsam im Umgang mit Kindern und Jugendlichen. Er setzt sich in Uganda für die Partizipation von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen ein und hat schon mit einigen namhaften Organisationen, wie zum Bespiel der Internationalen Arbeitsorganisation, im Bereich Kinderschutz zusammengearbeitet.

Vor Ort wird er von einem ehrenamtlichen Komitee unterstützt, zu dem unter anderem eine UNO-Mitarbeiterin, eine Nonne, ein lokaler Politiker, eine Psychologin und ein Schulleiter gehören.

Ist es für eine kleine NGO einfacher, Entwicklungsunterstützung in Afrika zu machen?

Es ist eine ganz andere Art von Unterstützung, als sie von großen NGOs geleistet wird. Da Somero sehr klein ist, wird die Unterstützung auf jede Stipendiatin "maßgeschneidert", die Betreuung ist so sehr individuell. Das ist gerade für die jungen Frauen, die viele schlimme Erfahrungen verarbeiten müssen, sehr wichtig. Genauso muss es aber auch große Projekte geben, die eine größere Anzahl von Menschen - wenn auch weniger individuell - unterstützen können.

Gibt es eine Zusammenarbeit mit den großen Entwicklungs-NGOs wie terre des hommes oder brot für die welt?

Nein. Es ist uns jedoch besonders wichtig, mit zwei lokalen Organisationen in Uganda zusammen zu arbeiten - so nutzen wir Synergieeffekte und stärken die lokalen Strukturen.

Wie geht es weiter mit dem Projekt, werden weitere Bildungspatenschaften aufgebaut?

Momentan suchen wir nach Bildungspaten für neun weitere Stipendiatinnen in Uganda. Nachdem die Förderung der ersten Stipendiatinnen im letzten Jahr sehr erfolgreich gelaufen ist, war ich in diesem Sommer wieder für eine längere Zeit in Uganda, um gemeinsam mit dem Somero Team in Uganda die Vereinsarbeit vor Ort weiter aufzubauen.

Auf die neuen Stipendiatinnen sind wir vor allem durch Geofrey Nsubugas Arbeit in anderen Entwicklungsprojekten aufmerksam geworden. Einige junge Menschen passen einfach nicht in die genaue Voraussetzungen oder Rahmenbedingungen, die von großen Projekten festgelegt werden. So gibt es für Teenager zwar eine Reihe von geförderten Berufsausbildungsprogrammen, aber selten die Möglichkeit zur Schule zu gehen, wenn sie dafür keine Unterstützung von ihren Eltern bekommen.

Im Sommer habe ich mich mit allen neuen Stipendiatinnen getroffen und mich persönlich davon überzeugt, dass sie besonders motiviert für den Schulbesuch sind. Das ist wichtig, weil der Schulstart für die junge Menschen oft eine totale Lebensumstellung bedeutet und sie besonders viel Motivation brauchen, um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein.

Es geht bei der Auswahl der Stipendiaten also nicht darum, die besten auszulesen, sondern zu entscheiden, ob die Förderung durch Somero das richtige für den jungen Menschen ist.

Kann man den Verein auch so unterstützen?

Ja, der Verein kann sowohl über eine einmalige Spende, als auch über aktive Mitarbeit unterstützt werden. Außerdem freuen wir uns über neue Gesichter bei unseren regelmäßigen Teamtreffen in Berlin! Aber auch wer nicht in Berlin wohnt, und gerne bei uns mitmachen möchte, ist herzlich willkommen. Auch jetzt arbeiten schon einige Mitglieder "aus der Ferne" bei uns mit.

Wie hat sich Ihre Berufsperspektive durch den Aufbau von Somero verändert?

Meine Berufsperspektive hat sich nicht verändert, sondern gefestigt! Es ist schon länger mein Wunsch mich nach meinem Studium im Rahmen meines Jobs für bessere Bildungschancen und Kinderrechte einzusetzen - und dafür habe ich bei Somero viel dazu gelernt.

Weitere Informationen unter http://www.somero-uganda.de/

Autor*in
Karsten Wenzlaff

war Online-Redakteur bei vorwaerts.de und Social-Media-Manager im vorwärts-Verlag.

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