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Macron statt Merkel: Der Klima-König sitzt jetzt in Paris

Lange galt Angela Merkel als „Klimakanzlerin“. Doch spätestens nach ihrer unambitionierten Rede bei der Weltklimakonferenz in Bonn am Mittwoch hat sie diesen Nimbus endgültig verloren. Der neue Hoffnungsträger im Kampf gegen den Klimawandel heißt Emmanuel Macron.
von Kai Doering · 15. November 2017
Klare Ansagen statt Allgemeinplätze: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gibt künftig den Ton beim Klimaschutz an.
Klare Ansagen statt Allgemeinplätze: Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron gibt künftig den Ton beim Klimaschutz an.

Kommentar

Die Fallhöhe war durchaus groß. „Warum Merkel am Mittwoch die Welt retten muss“ titelte die „Bild“ Mittwochmorgen. Hintergrund der großspurigen Überschrift war die Rede der Kanzlerin zur Eröffnung des „High-level-Segments“ bei der Weltklimakonferenz in Bonn. Seit eineinhalb Wochen beraten dort rund 25.000 Delegierte aus 193 Staaten darüber, wie das 2015 in Paris geschlossene Klimaabkommen umgesetzt werden kann.

Merkel bleibt vage und unambitioniert

Die Rede der deutschen Regierungschefin war international wie national mit Spannung erwartet worden: Zum einen gilt Deutschland in vielen Ländern als Klima-Vorreiter (obwohl es seine selbstgesteckten Klima-Ziele aller Voraussicht nach krachend verfehlen wird), zum anderen ist gerade die künftige Klimaschutzpolitik einer der Knackpunkte für eine mögliche Jamaika-Koalition.

Doch statt die in Bonn versammelte Weltgemeinschaft aufzurütteln und sich mit klaren Aussagen zum Klimaschutz zu bekennen, kamen von Merkel nur Allgemeinplätze. Der Klimawandel sei für die Welt „eine Schicksalsfrage“. Es gehe beim Klimaschutz um „Vertrauen und Verlässlichkeit“. Die Industrienationen trügen eine „historische Verantwortung“. Konkreter wurde die Kanzlerin nicht. Eine klare Aussage zum Ausstieg aus der Kohle? Fehlanzeige!

Kohle-Aus kommt in Frankreich 2020

Für die Delegierten in Bonn, vor allem für die Menschen, die die Folgen des Klimawandels schon jetzt tagtäglich zu spüren bekommen und wie in der Südsee gegen den Verlust ihrer Heimat kämpfen, müssen Merkels Worte wie Hohn wirken. Die viel zitierte „Klimakanzlerin“ ist zur Phraendrescherin geworden.

Der neue Retter sprach direkt nach der Kanzlerin. Ein Weiter-so in der Klimapolitik würde bedeuten, dass „viele Völker, die hier vertreten sind, bis 2100 verschwinden würden. Dazu sind wir nicht bereit“, sagte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und forderte, „klare Zeichen“ zu setzen. Nur so könnten die in Paris formulierten Klimaziele überhaupt noch erreicht werden. Dass es die französische Regierung damit ernst meint, hat sie bereits bewiesen: Bis 2021 sollen alle Kohlekraftwerke im Land stillgelegt werden. Allerdings tragen diese nur einen geringen Teil zur Stromerzeugung in Frankreich bei.  Doch auch der Anteil der Atomkraft, die den größten Teil des französischen Strombedarfs deckt, soll deutlich sinken und durch Erneuerbare Energien ersetzt werden. Das Aus des Verbrennungsmotors wird 2040 besiegelt sein. Auch müsse Europa das von den USA gerissene Loch bei der Finanzierung der Klimaforschung füllen.

Für den 12. Dezember, den Jahrestag der Unterzeichnung des Pariser Abkommens vor zwei Jahren, hat Macron zu einer weiteren Klimakonferenz in die französische Hauptstadt eingeladen. Dort soll es um die Finanzierung von Maßnahmen für den Klimaschutz und die Anpassung an klimatisch bedingte Veränderungen gehen. Der wahre Klima-König sitzt künftig in Paris, nicht in Berlin.  

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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