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Maas fordert klarere Sprache gegenüber feindseligem Russland

Die SPD ringt um ihre Russland-Politik. Das Auswärtige Amt richtet diese nun neu aus: deutlich kritischer gegenüber dem Kreml. „Russland agiert leider zunehmend feindselig“, so Außenminister Heiko Maas. Sein Staatsminister Michael Roth verlangt von Europa „Entschlossenheit und Geschlossenheit gegenüber Russland“.
von Lars Haferkamp · 17. April 2018
Bundesaußenminister Heiko Maas
Bundesaußenminister Heiko Maas

Die Russland-Politik im Auswärtigen Amt wird neu justiert. Das zeigen die jüngsten Äußerungen von Außenminister Heiko Maas und Europastaatsminister Michael Roth. Beide Sozialdemokraten haben ihre Positionen nahezu zeitgleich veröffentlicht.

Mit Russland im Gespräch bleiben

Heiko Maas betont in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ die Notwendigkeit, „dass wir mit Russland im Gespräch bleiben müssen“. In diesem Punkt bleibt er in der Kontinuität mit seinen Amtsvorgängern Frank-Walter Steinmeier und Sigmar Gabriel. „Wir brauchen Russland, nicht nur wenn wir den Syrienkonflikt lösen wollen“, so Maas.

Zugleich bewertet er die Gespräche mit Moskau erkennbar kritischer als seine beiden Vorgänger. „Ich muss zur Kenntnis nehmen, dass die meisten unserer Partner mittlerweile einen sehr kritischen Blick auf Russland haben und zum Teil die Möglichkeit des Dialogs bezweifeln“, berichtet der Minister. „In der Vergangenheit waren sie zum Teil bereit, sich von Deutschland mitnehmen zu lassen, heute fragen sie: Was hat das gebracht?“

Moskau „ein sehr schwieriger Partner“

Als bemerkenswert wird in Berlin registriert, dass der Außenminister nach der Amtsübernahme bereits zu Besuch in Frankreich, Großbritannien, Polen, Italien, Belgien, Irland, Israel und Jordanien war, aber bisher noch nicht zu einem Antrittsbesuch in Russland. Er werde nach Moskau reisen, sobald die neue russische Regierung gebildet sei, erklärt Maas. „Zunächst planen wir eine Reise nach Kiew“, sagt er.

Der Außenminister kommt in seiner Bewertung der russischen Politik zu einer überaus kritischen Bilanz. „Russland agiert leider zunehmend feindselig.“ Als Beispiele nennt Maas den Giftgasangriff auf einen russischen Ex-Spion im britischen Salisbury, die Rolle Moskaus in der Ukraine und in Syrien, sowie die Hackerangriffe „auch auf das Auswärtige Amt“. Maas kritisiert, „Cyberangriffe scheinen zu einem Bestandteil russischer Außenpolitik zu werden“. Das Fazit des Außenministers: „Russland ist ein sehr schwieriger Partner geworden.“

Maas: „Wir brauchen feste Positionen“

Auf die Frage, ob eine härtere Tonlage den Kreml zum Einlenken bewegen könne, antwortet Maas: „Ich glaube zumindest nicht, dass irgendetwas besser wird, wenn wir den Eindruck erwecken, dass wir die schwierigen Entwicklungen einfach stillschweigend akzeptieren.“ Je komplizierter das Verhältnis zu Russland sei, „eine desto klarere Sprache brauchen wir“. Maas ist überzeugt: „Wir brauchen feste Positionen, die wir mit eindeutigen Angeboten verbinden.“

Zu diesen festen Positionen gehört für den Außenminister die klare Vereinbarung im Ukraine-Konflikt, „dass Sanktionen erst abgebaut werden, wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt“, die es im Minsker Abkommen übernommen hat. Auch hier unterscheidet sich Maas von seinen Amtsvorgängern Steinmeier und Gabriel, die vorgeschlagen hatten, die Sanktionen gegen Russland schrittweise abzubauen, wenn der Kreml einen Teil der Minsker Verpflichtungen erfülle. Maas lässt keinen Zweifel: Als größten Nachbarn Europas brauche man Russland. „Aber: Russland braucht eben auch uns, politisch und nicht zuletzt wirtschaftlich.“

Mehr um Osteuropa kümmern

Angesprochen auf die lange Tradition der SPD, den Dialog mit Russland und die Ostpolitik Willy Brandts zu pflegen, antwortet Maas, „zur Ostpolitik gehört für mich nicht nur Russland, dazu gehören auch die osteuropäischen Staaten“. Der Außenminister kündigt eine Neujustierung an: Um die Staaten Osteuropas „müssen wir uns mehr kümmern, als das manchmal in der Vergangenheit der Fall war.“

In diese Richtung argumentiert auch Michael Roth, der Europastaatsminister im Auswärtigen Amt. In einem Beitrag für die Zeitung „Die Welt“ warnt er: „Ein isolierter deutscher Sonderweg gegenüber Russland wäre brandgefährlich“. Wenn Deutschland seiner Rolle als Brückenbauer und Mittler in der EU gerecht werden wolle, müsse es die Interessen seiner Nachbarn mitdenken. „Wir nehmen für uns in Anspruch, aus der Geschichte gelernt zu haben“, so Roth. Dazu gehöre, die Ängste und Sorgen vor russischer Aggression ebenso ernst zu nehmen wie vor „deutsch-russischer Achsenbildung zulasten Dritter“.

Roth: Ostpolitik neu denken

Staatsminister Roth verweist in seinem Beitrag auf die aktuell geführte Debatte über die deutsche Russland-Politik. „Insbesondere die SPD ringt um den richtigen Kurs, fühlt sie sich doch aus guten Gründen der Entspannungspolitik von Willy Brandt ganz besonders verpflichtet.“ Die sozialdemokratische Ostpolitik entstamme einer bipolaren Welt, die es nicht mehr gebe. „Wir müssen sie heute neu denken und weiterentwickeln.“

Für die künftige Russland-Politik der Bundesrepublik gelte: „Deutschland dient seinen nationalen Interessen am besten, indem es zur Geschlossenheit und Entschlossenheit der EU beiträgt.“ Der russische Präsident Wladimir Putin wisse, dass die Vielfalt der EU ihre Stärke, die Vielstimmigkeit aber auch ihre Schwäche sei. Roth warnt vor Moskaus „Bestreben, Europa durch Spaltung nachhaltig zu schwächen“. Er plädiert für einen „Kurs der Entschlossenheit und Geschlossenheit gegenüber Russland“. Dafür seien „starke Abwehrkräfte“ nötig, etwa gegen Cyberangriffe oder Desinformation.

Europa unermüdlich zusammenhalten

Der Europastaatsminister hält antirussische Reflexe für genauso gefährlich „wie naives Relativieren oder Verschweigen einer nationalistisch gefärbten Politik der derzeitigen russischen Führung, die sich immer mehr in Gegnerschaft gegenüber dem Westen definiert“. Für den SPD-Außenpolitiker Roth ist klar: „Wer sich dem außen- und sicherheitspolitischen Erbe Willy Brandts verpflichtet fühlt, der braucht Mut zur Klarheit, Ausdauer für den Dialog und unermüdliche Bereitschaft, Europa zusammenzuhalten.“

 

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