Lebensthema Flüchtlinge - zum Tod von Rupert Neudeck
Michael Gottschalk/photothek.net
Knollnase, hagere Statur, weißer Rauschebart – Rupert Neudeck ist ein Mann, den man spätestens bei den Worten „boat people“ und „Cap Anamur“ vor Augen hat. Nun ist der Menschenrechtsaktivist nach einer Herzoperation gestorben. Doch auch nach seinem Tod wird Ruppert Neudeck vielen im Gedächtnis bleiben.
Denn niemand verstand es, sich so unermüdlich für Menschrechte einzusetzen, wie er. In den 80er Jahren rettete Neudeck zusammen mit seiner Frau Christel mehr als 11000 vietnamesische Bootsflüchtlinge aus dem Südchinesischen Meer. Und auch Jahrzehnte danach blieb der Journalist nie tatenlos.
Lebensthema Flüchtlinge
Auslöser für seinen Aktivismus war Neudecks eigenes Leben. 1939 in Danzig geboren, floh er als Kind mit seiner Mutter 1945 nach Westfalen. Nur durch Zufall entging die Familie dem Untergang des Flüchtlingsschiff Wilhelm Gustloff, dass von einem sowjetischen U-Boot zerbombt wurde. Die Bilder des überfüllten Bootes begleiteten sein Leben.
Nach dem Abitur studiert Neudeck Theologie, Philosophie, Germanistik und Soziologie in Bonn, Münster und Salzburg. Zwischendrin unterbricht er das Studium, schließt sich dem Jesuitenorden an und geißelt sich fast bis zum Tod, wie er später erzählt. Nach seiner Promotion 1970, arbeitet er viele Jahre als Journalist, unter anderem für den Deutschlandfunk.
Menschenfreund mit Rauschebart
Doch Neudecks Lebensthema sind Flüchtlinge. Er will anpacken statt darüber zu berichten. Zusammen mit dem Schriftsteller Heinrich Böll gründet er 1979 die Initiative Ein Boot für Vietnam, aus der später Cap Anamur / Deutsche Not-Ärzte e.V. hervorgeht. Nach dem Einsatz für die vietnamesischen Bootsflüchtlinge erweitert die Organisation ihre Einsatzfelder. Die Mitglieder engagieren sich in weltweit in sozialen Einrichtungen und unterhalten unter anderem Krankenhäuser in Äthiopien, Kolumbien und dem Nordirak.
2002 zieht sich Neudeck schließlich aus dem Verein zurück – auch, um ein Jahr später eine neue Hilfsorganisation ins Leben zu rufen. Gemeinsam mit Aiman Mazyek, dem heutigen Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland, gründet er Grünhelme. Dort arbeiten Muslime und Christen Hand in Hand. Sie helfen für drei oder mehr Monate beim Wiederaufbau von Krankenhäusern und Schulen in Krisengebieten wie dem Kongo oder in Palästina.
Neudeck reiste stets selbst in Krisengebiete, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen und anzupacken. Für seine Arbeit erhielt er unter anderem den Europäischen Sozialpreis (2006) und den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen (2007). Den Aktivismus des Menschenfreundes mit dem weißen Rauschebart ehrte auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) auf Twitter: „Rupert Neudeck hat vielleicht das Größte geleistet, was ein Mensch überhaupt tun kann: Menschenleben retten.“