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Lars Klingbeil: „Das Bollwerk gegen die extreme Rechte in Europa“

Auf dem SPE-Kongress in Berlin macht der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil die europäische Führungsrolle der Sozialdemokratie deutlich. Als Bollwerk gegen die extreme Rechte, für soziale Gerechtigkeit und einen klimaneutralen Kontinent
von Jonas Jordan · 14. Oktober 2022
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil macht die europäische Führungsrolle für die Sozialdemokratie deutlich.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil macht die europäische Führungsrolle für die Sozialdemokratie deutlich.

Es ist pandemiebedingt der erste Kongress der europäischen Sozialdemokratie seit vier Jahren, zugleich der erste in Deutschland seit gut 20 Jahren. In unmittelbarer Nähe zur East Side Gallery, der ehemaligen Mauer, im Berliner Stadtteil Friedrichshain begrüßt der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil Sozialdemokrat*innen aus ganz Europa. Mit dem Sieg der SPD bei der Bundestagswahl im vergangenen Jahr im Rücken macht Klingbeil die Führungsrolle der Sozialdemokratie auch für ganz Europa deutlich: „Die europäische Sozialdemokratie steht für ein Europa, das zusammenhält mit Mut. Wir können selbstbewusst auf das schauen, was auf uns zukommt, und wir wollen die Europawahl 2024 gewinnen. Das ist mein Anspruch als SPD-Vorsitzender, der ältesten und größten Partei Europas.“

Klingbeil: „Die Sozialdemokratie ist die Schutzmacht der Bürgerinnen und Bürger in Europa“

Es gehe darum, den Bürger*innen in Europa soziale Sicherheit zu geben, damit auch in Zukunft Sicherheit und Wohlstand sichergestellt seien. „Die Sozialdemokratie ist die Schutzmacht der Bürgerinnen und Bürger in Europa“, sagt Klingbeil und macht das an mehreren Beispielen fest: Es seien europäische Sozialdemokrat*innen gewesen, die mit dem Fonds NextGenerationEU dafür gesorgt hätten, dass der Wiederaufbau nach Corona gelinge. Sozialdemokrat*innen hätten so in der Krise viele Menschen vor Arbeitslosigkeit und Insolvenz gerettet. Und schließlich sorge der vorrangig vom Sozialdemokraten Frans Timmermans vorangetriebene European Green Deal dafür, dass Europa der erste klimaneutrale Kontinent werde. „All das hätte es ohne die europäische Sozialdemokratie nicht gegeben“, ist Klingbeil überzeugt.

Gleichzeitig ruhe sich die Sozialdemokratie nicht aus, sondern kämpfe für wirtschaftlichen Aufbruch, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit. „Das sind keine Gegensätze, das bedingt einander“, sagt der SPD-Vorsitzende. Gleichzeitig fordert er:  „Wir brauchen endlich Mehrheitsentscheidungen in der Außenpolitik. Lasst uns das europäische Momentun nutzen, um das voranzubringen!“ Denn die Sicherheit der mittel- und osteuropäischen Partnerländer sei die Sicherheit aller in Europa. Ein starkes und geschlossenes Europa sei zudem „die beste Antwort auf den Imperialismus von Wladimir Putin“.

Zufallsgewinne schnellstmöglich abschöpfen

Zugleich zeigt sich Klingbeil beunruhigt über das Erstarken rechter Kräfte in Europa, was sich zuletzt durch das starke Abschneiden der Schwedendemokraten sowie den Wahlerfolg der postfaschistischen Partei Fratelli d'Italia zeigte. Daher kritisiert der SPD-Vorsitzende die mangelnde Abgrenzung der europäischen Konservativen unter Führung von Manfred Weber. Für die Sozialdemokrat*innen bringt er zum Ausdruck: „Man darf nicht schweigen, wenn die Rechten sich aufmachen, diesen Kontinent zu übernehmen. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind das Bollwerk gegen die extreme Rechte in Europa. Das wird eine der wichtigsten Auseinandersetzungen in den nächsten Jahren. Wir werden sie führen und wir werden sie gewinnen.“

Damit skizziert Klingbeil in seinem Redebeitrag auch die Grundzüge der Resolution, welche die Delegierten an diesem Tag auf dem SPE-Kongress einstimmig beschließen. Sie trägt den Titel „Mit Mut für Europa – Europa durch den Wandel führen“. Darin fordern die Sozialdemokrat*innen unter anderem einen Europäischen Pakt für bezahlbare Energie und sozialen Zusammenhalt, um die europäischen Bürger*innen und deren Kaufkraft zu schützen. Dieser soll die Gewährleistung der Energiesicherheit durch zuverlässige und erschwingliche Energieversorgung, unter anderem durch gemeinsame Beschaffung, enthalten ebenso wie die frühestmögliche Umsetzung des europäischen Rahmens zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen auf dem Energiemarkt. Auch die Einführung von Preisdeckeln soll ermöglicht werden, um soziale Gerechtigkeit zu gewährleisten und die finanzielle Nachhaltigkeit zu fördern.

Unterstützung für die Ukraine und den Globalen Süden

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine fordert die SPE, ein Hilfs- und Wiederaufbauprogramm für die Ukraine zu entwickeln, um die ukrainische Wirtschaft, die Institutionen und öffentlichen Dienste sowie den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur zu unterstützen. Zugleich will die SPE sich weiter für strenge Sanktionen gegen Russland einsetzen, „bis sich die russischen Streitkräfte vollständig aus der Ukraine zurückziehen und ein gerechter Frieden wiederhergestellt ist“. Der globale Süden soll dabei unterstützt werden, um die Auswirkungen dieses Krieges, insbesondere mit Blick auf Ernährungssicherheit, zu bewältigen.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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