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Kramp-Karrenbauers Antwort auf Macron: „Die SPD macht das auf keinen Fall mit“

Mit ihren Ideen für die Europäische Union verschiebt Annegret Kramp-Karrenbauer den Kurs der CDU hin zu einer europaskeptischen Partei sagt der SPD-Europapolitiker Metin Hakverdi. Aus seiner Sicht hat Kramp-Karrenbauer vor allem ein Ziel: sich in der CDU als Nachfolgerin von Angela Merkel zu positionieren.
von Kai Doering · 20. März 2019
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CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat auf die Vorschläge des französischen Präsidenten Emmanuel Macron für eine Neuausrichtung Europas mit eigenen Ideen geantwortet. Was halten Sie von denen?

Annegret Kramp-Karrenbauer hat es mit ihrem Text nicht geschafft, eine echte Antwort auf Macrons Vorschläge zu geben. Ich habe aber auch den Eindruck, dass sie das gar nicht wollte. Ihr Ziel war eher, sich in der CDU zu profilieren und sich innerhalb der Partei für eine Bewerbung um die Kanzlerschaft in Stellung zu bringen. Ihr Plan ist kein Plan für Europa, sondern für eine Mehrheitsgewinnung auf dem CDU-Parteitag, um Nachfolgerin von Angela Merkel zu werden. In den Vorschlägen wird deshalb die neue Ausrichtung der CDU sichtbar, die mit der Wahl von Ralph Brinkhaus zum CDU-Fraktionsvorsitzenden im vergangenen Jahr begonnen hat.

Was bedeutet das für die Zusammenarbeit in der großen Koalition?

Die wird sicher nicht leichter. Im Koalitionsvertrag steht z.B. dass wir das Ziel eines Eurozonenbudgets verfolgen. In ihrem Text schließt Annegret Kramp-Karrenbauer dies kategorisch aus. Der Ansatz der Wirtschafts- und Währungsunion, der den Geist der Europäischen Gemeinschaft von Beginn an prägt, wird damit von der CDU aufgegeben. Kramp-Karrenbauer verschiebt den Kurs der CDU von einer pro-europäischen hin zu einer europaskeptischen Partei – eine ziemlich drastische Entwicklung kurz vor der Europawahl. Die SPD macht das auf keinen Fall mit.

Mehr Kontroverse könnte dem Europawahlkampf doch aber gut tun.

Es wäre vollkommen in Ordnung und sogar wünschenswert, wenn die CDU mit einem anderen Profil in den Europawahlkampf geht als die SPD. Vor dem Hintergrund des Brexits, auftrumpfender Populisten auch im Bundestag und Menschen, die sich entfremdet fühlen von den demokratischen Institutionen ihres Landes und der EU halte ich es aber für brandgefährlich, sich derart populistisch zu äußern wie Annegret Kramp-Karrenbauer es getan hat. Sie betreibt eine populistische antieuropäische Kampagne, um die Konservativen in der CDU auf ihre Seite zu ziehen.

Annegret Kramp-Karrenbauer lehnt einen europäischen Mindestlohn ab. Bei der SPD ist er zentraler Bestandteil des Programmentwurfs für die Europawahl. Warum?

Zum einen geht es um europäische Solidarität. CDU und CSU versuchen einen Gegensatz zu schaffen zwischen wirtschaftlicher Vernunft und Solidarität. Das ist Unsinn und besorgniserregend, denn Solidarität ist das Fundament für die wirtschaftliche Stabilität Europas. Deshalb fordern wir den europäischen Mindestlohn nicht nur, weil er Millionen Menschen in Europa direkt nutzt, sondern auch, weil der wirtschaftliche Erfolg der Staatengemeinschaft davon abhängig ist. Ein europäischer Mindestlohn schafft Stabilität, weil er auch dafür sorgt, dass Menschen dort ein auskömmliches Leben haben, wo sie wohnen und sich nicht auf den Weg machen müssen, um ihr Leben zu sichern. Eine Wettbewerbsgemeinschaft, wie sie Frau Kramp-Karrenbauer vorschlägt, leistet das nicht.

Was halten Sie von dem Vorschlag, einen gemeinsamen europäischen Flugzeugträger zu entwickeln?

Richtig ist, dass wir mit mehr Zusammenarbeit die europäischen Verteidigungskosten senken können. Das wird eine sehr schwierige Aufgabe in den kommenden Jahren werden. Statt so einen Quatsch wie einen gemeinsamen Flugzeugträger zu fordern, sollten wir deshalb erstmal dafür sorgen, dass wir innerhalb der europäischen Streitkräfte stärker integrierte Strukturen und aufeinander abgestimmtes Material haben.

Wie nehmen Sie die Reaktionen auf die Vorschläge in anderen Ländern außerhalb der Europäischen Union wahr?

Da ist die einhellige Meinung, dass sich die Union schwächt, würde sie Kramp-Karrenbauers Vorschlägen folgen. In Moskau und Peking freuen sich die Regierungschefs darüber durchaus.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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