International

Keine Solidarität in Sicht

von Sarah Schönewolf · 20. Februar 2014

Im Januar sind die neuen Asylverordnungen der EU in Kraft getreten. Asylverfahren sollen beschleunigt und Standards verbessert werden. Solidarischer ist die Flüchtlingspolitik durch die Änderungen jedoch nicht geworden. Das war der Tenor auf einer Fachkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung am Mittwoch.

Die Abschottung an den Außengrenzen, die gesellschaftliche Wahrnehmung von Flüchtlingen als Belastung statt als Bereicherung, die ungleichen Chancen von Flüchtlingen, in der EU anerkannt zu werden: Die Kritikpunkte an der europäischen Flüchtlingspolitik, die die Teilnehmer der Fachtagung am Mittwoch äußern, sind altbekannte und sie bleiben trotz der aktuellen Überarbeitung des Asylsystems bestehen. So lautet das ernüchternde Ergebnis eines Gutachtens im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES).

Im Juni 2013, noch vor der Tragödie von Lampedusa, bei der vor der italienischen Mittelmeerinsel ein Schiff mit 500 afrikanischen Flüchtlingen gesunken war, hatte sich die EU auf ein neues gemeinsames Asylsystem (GEAS) verständigt. Dieses wird derzeit in den Mitgliedsstaaten umgesetzt.

„Lotterie der Anerkennung“

Durch GEAS sollen die Gesetze innerhalb der europäischen Staaten angeglichen werden. Die Chancen, Asyl zu erhalten, sollten dadurch nicht mehr von dem europäischen Land, in dem Asylsuchende ihren Antrag stellen, abhängen. Bisherige Studien hatten gezeigt, dass die Anerkennungsraten innerhalb der europäischen Staaten stark schwankten. So erhielten 2011 Afghanen auf ihre Asylanträge in Griechenland nur zu elf Prozent positive Bescheide, in Belgien jedoch zu 58 Prozent, in Schweden sogar zu 73. 

Durch die neue Verordnung seien die Asylverfahren innerhalb der EU beschleunigt und die Standards verbessert worden, so dass Ergebnis der FES-Studie. Solidarischer und humaner sei die Flüchtlingspolitik deswegen aber nicht geworden. Auch weil die einzelnen Mitgliedsstaaten auf vielen Ausnahmeregelungen beharrten.

abgefangen, misshandelt, zurückgeschickt

Ein Ergebnis, das sich mit der Einschätzung des Geschäftsführers von Pro Asyl Günter Burkhardt deckt. „Wenn Polizisten Flüchtlinge mit vorgehaltener Waffe zurück ins Wasser treiben, dann stimmt etwas nicht. So kann Europa nicht funktionieren“, sagte Burkhardt am Mittwoch und kritisierte etwa die derzeitige Abschottungspraxis der EU an der griechisch-türkischen Grenze. Flüchtlinge würden dort auf ihrem Weg nach Europa abgefangen, misshandelt und aufs offene Meer zurückgeschickt.

Auch die Dublin-III-Verordnung, die zum 1. Januar 2014 in Kraft trat, wurde sowohl durch die Praktiker der Fachtagung als auch im Gutachten der FES kritisiert. Zwar verbesserte sie etwa den Schutz von minderjährigen Flüchtlingen. Dennoch bleibt das System, wonach Flüchtlinge in jenem Land innerhalb der EU Asyl beantragen müssen, über das sie eingereist sind, bestehen. Die EU-Staaten an den europäischen Außengrenzen wie Italien, Griechenland und Ungarn beklagen dadurch die Überlastung bei der Unterbringung von Asylsuchenden.

Autor*in
Sarah Schönewolf
Sarah Schönewolf

ist Diplom-Politologin und Redakteurin des vorwärts.

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