Kahrs: „Regierung Griechenlands ist ein politischer Irrläufer“
Herr Kahrs, die Krise Griechenlands ist auf ihrem vorläufigen Höhepunkt angekommen, es droht die Staatspleite. Wer trägt Schuld daran?
Ganz klar die jetzige griechische Regierung unter Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis. Beide sind politische Irrläufer, nicht berechenbar, beide halten sich nicht an Absprachen. Auf diesem Weg haben sie viel guten Willen verspielt, gerade innerhalb der SPD.
Es gibt auch andere Stimmen aus der SPD: Gesine Schwan attackiert die Politik des deutschen Finanzministers Schäuble scharf. Eine Einzelmeinung?
Ich schätze Gesine sehr, in diesem Punkt bin ich aber anderer Meinung. Für die Bundestagsfraktion gesprochen bin ich mir sogar sicher, dass sie diese Meinung exklusiv hat. Die jetzige griechische Regierung hat schlichtweg jede Form der Glaubwürdigkeit verspielt. Sie ist nicht bereit sich zu bewegen, während sich Europa sehr wohl bewegt hat.
Und die EU hat überhaupt keine Fehler gemacht?
Wenn überhaupt, dann hätte das jetzt vorliegende Angebot bereits der letzten griechischen Regierung unterbreitet werden sollen. Dann wäre eine Einigung vielleicht eher möglich gewesen. Ich persönlich halte den aktuellen Vorschlag für ein sehr gutes Angebot.
Was erwarten Sie von den kommenden Tagen?
Niemand weiß, ob Griechenland seine Schulden beim Internationalen Währungsfonds begleichen kann oder nicht. Dennoch hoffen wir alle auf das Referendum am kommenden Sonntag. Dabei wird am Ende über den Verbleib des Landes in der Euro-Zone entschieden. Stimmen die Griechen dafür, gibt es in der SPD die Bereitschaft, noch mal komplett von vorn und der jetzigen Situation angepasst zu verhandeln.
Und wenn nicht?
Dann haben wir alle ein Problem. Dann müssen wir sehen, wie wir den Griechen helfen können.
Angenommen die Griechen stimmen für den Euro: Welche Lehren sollte Europa aus der Krise ziehen?
Es ärgert mich sehr, dass Europa dieser wie auch anderen Krisen nur hinterher läuft. Die große europäische Idee bleibt dabei auf der Strecke, wir verlieren uns zu sehr im Klein-Klein und tragen so dazu bei, dass die Akzeptanz der europäischen Idee bei der Bevölkerung schwindet. In der Konsequenz brauchen wir mehr und nicht weniger Europa, die Idee eines europäischen Projekts muss mit Leben gefüllt werden. Dazu braucht es eine Stärkung der inneren Reformfähigkeit der EU.