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Jahresbericht von Human Rights Watch: Mehr Widerstand gegen Autokraten

Human Rights Watch hat am Donnerstag in Berlin seinen Weltjahresbericht vorgestellt. Die Menschenrechtsorganisation sieht Bürgerrechtsgruppen und Protestbewegungen weltweit auf dem Vormarsch. Sie drängten menschenrechtsfeindliche Populisten zunehmend zurück.
von Jonas Jordan · 17. Januar 2019
Menschen protestieren in Ungarn
Menschen protestieren in Ungarn

674 Seiten umfasst der „World Report 2019“ von Human Rights Watch. Er erscheint zum 29. Mal und fasst Menschenrechtsentwicklungen in mehr als 100 Staaten weltweit zusammen. Die wichtigste Erkenntnis des vergangenen Jahres ist für Human-Rights-Watch-Direktor Kenneth Roth, dass der Widerstand gegen autoritäre Herrscher anwachse. Das habe sich innerhalb der EU beispielsweise in Ungarn durch den Protest gegen umstrittene Gesetzesvorhaben der Regierung von Viktor Orbán gezeigt. Auch in Polen gingen wiederholt zehntausende Menschen auf die Straße, um für die Unabhängigkeit ihrer Gerichte zu kämpfen.

Durch internationalen Druck erfolgreich

Auch außerhalb der EU hätten sich einige europäische Staaten führend in Bezug auf die Verteidigung der Menschenrechte gewesen. So habe der internationale Druck von Staaten wie Irland, der Niederlande, Belgien und Luxemburg zu einer Untersuchung der mutmaßlichen Kriegsverbrechen im Jemen geführt. Nach dem Mord am saudischen Journalisten Jamal Khashoggi verhängte Deutschland gegen 18 saudische Funktionäre ein Einreiseverbot in den 26 Staaten umfassenden Schengenraum. Deutschland, Dänemark und Finnland stoppten ihre Waffenexporte nach Saudi-Arabien.

Dieser internationale Druck habe maßgeblich dazu beigetragen, dass die von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen schließlich einem Waffenstillstand in der Gegend um den Hafen Hodeidah zugestimmt habe, sodass die Versorgung der hungerleidenden Bevölkerung sichergestellt werden konnte. Human Rights Watch lobte Bundesaußenminister Heiko Maas für seine Kritik an Russlands Präsident Wladimir Putin, Chinas Präsident Xi Jinping und dem türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan, weil diese die Menschenrechte untergruben und Oppositionelle, Aktivisten und Journalisten verhaften ließen. Durch den Sitz im UN-Sicherheitsrat könne Deutschland in den kommenden beiden Jahren seinen Status als Verteidiger der Menschenrechte weiter ausbauen.

Repressionen in China nehmen zu

Doch Humang Rights Watch nennt in seinem Bericht auch zahlreiche negative Entwicklungen, beispielsweise die Wirtschafts- und Versorgungskrise im einst reichen Venezuela oder die Massenhinrichtungen auf den Philippinen. Die staatliche Repression in China erreiche die schlimmsten Ausmaße seit dem Massaker auf dem Tiananmen-Platz im Jahr 1989. Präsident Xi Jinping schaffte die Beschränkung seiner Amtszeit ab und weitete die Überwachung gewöhnlicher Bürger massiv aus. Die Behörden verstärkten ihre Angriffe auf die freie Meinungsäußerung. Sie verhafteten Journalisten, verfolgten Bürgerrechtler, unterwarfen Universitäten einer noch strengeren ideologischen Kontrolle und intensivierten ihre Zensur des Internets.

Positiv hebt Human Rights Watch die Zusammenarbeit zahlreicher Staaten innerhalb der Gremien der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte hervor. Neben seinen wichtigen Maßnahmen zu Myanmar und dem Jemen, verabschiedete der UN-Menschenrechtsrat auch erstmals eine Resolution, welche die schwere Repression in Venezuela unter Präsident Nicolas Maduro verurteilte. Fünf lateinamerikanische Regierungen und Kanada forderten den Internationalen Strafgerichtshof auf, Ermittlungen wegen der Menschenrechtsverletzungen in Venezuela einzuleiten. 

Wirksame Bündnisse für Menschenrechte

„Die Schauplätze für die Verteidigung der Menschenrechte haben sich verschoben, viele langjährige Mitstreiter haben sich zurückgezogen oder die Seiten gewechselt“, urteilt Kenneth Roth abschließend. Doch gleichzeitig seien wirksame Bündnisse entstanden, die Regierungen die Stirn böten, wenn sie der Bevölkerung keine Rechenschaft ablegten und deren Rechte mit Füßen träten.

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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