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Internationaler Klimaschutz: Was ein halbes Grad ausmacht

Nach Veröffentlichung eines aktuellen Berichts durch den Weltklimarat kommt wieder etwas Schwung in die Diskussion um das 1,5°C-Ziel: Die Hürden seien derzeit politisch, meinen Experten.
von Johanna Schmeller · 25. Oktober 2018
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Die Abholzung des Hambacher Forstes steht nach Massenprotesten still, die Kohlekommission bemüht sich um ein sozialverträgliches Enddatum für den Kohleausstieg, die Bundesregierung plant für 2019 ein Klimaschutzgesetz, und Frankreich hat bereits den Klimaschutz in der Verfassung verankert: Dass Klimawandel vom Menschen beeinflusst wird und nur durch ein internationales Zusammenwirken vieler politischer und zivilgesellschaftlicher Ebenen verlangsamt werden kann, wird kaum mehr bestritten.
Der jüngste, Mitte Oktober im südkoreanischen Incheon veröffentlichte Bericht des Weltklimarates betont die Wichtigkeit, den globalen Temperaturanstieg nicht nur auf deutlich unter 2°C gegenüber vorindustriellem Niveau zu begrenzen, sondern auf möglichst unter 1,5 °C. So steht es auch im Klimaabkommen von Paris aus dem Jahr 2015. Zudem soll der lange erwartete IPCC-Bericht wissenschaftliche Ergebnisse jenseits politischer Interessen zusammenfassen.

Wissenschaft, kein Krisenszenario

Bis 2050 müssten Emissionen insgesamt gesehen netto gegen Null gehen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern.

Was wie ein Katastrophenszenario klingt, ist inzwischen Leitmeinung der Wissenschaft: „Mit hoher wissenschaftlicher Evidenz ist im jüngsten IPCC-Sonderbericht belegt worden, welche riesigen Vorteile mit dem 1,5°C-Ziel für Millionen von Menschen und für den Erhalt unserer Ökosysteme verbunden sind“, sagt Klimaexpertin Manuela Mattheß von der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Bericht habe deutlich gezeigt, dass es nur politische Hürden gebe, die Erderwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen – keine physikalischen, chemischen oder finanziellen. „Besonders, um die eigenen nationalen Klimaziele zu erreichen, muss von der Politik viel mehr getan werden – im Verkehr, in der Landwirtschaft, im Energiesektor, in der Industrie“, so Mattheß.

Neben der nationalen Politik seien internationale Kooperationen ein entscheidender Punkt bei der Erreichung des 1,5°C-Ziels. „Auch in Zeiten turbulenter politischer Rahmenbedingungen“ müsse das Momentum aufrechterhalten werden, „beispielsweise in Form der internationalen Klimaverhandlungen, die sich als Raum erfolgreicher multilateraler Kooperation etabliert haben“. Die besondere Herausforderung bliebe, nationale Interessen in Einklang mit gelebter internationaler Solidarität zu bringen: „Jedes Zehntelgrad zählt.“

40 Prozent weniger Emissionen

Deutschland hatte sich zum Ziel gesetzt, seine CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.

Umweltlobbies forderten nach Veröffentlichung des Weltklimarat-Sonderberichts zur Erderwärmung ein entschiedenes Bekenntnis der EU-Mitgliedsstaaten zur Klimapolitik. Benjamin Stephan von Greenpeace sagte dem Evangelischen Pressedienst: „Es darf nicht mehr bei Lippenbekenntnissen bleiben. Wir müssen in allen Bereichen schnell und entschlossen handeln“, etwa beim Kohleausstieg in Deutschland bis 2030, bei CO2-Grenzwerten für Autos, beim Waldschutz und einem Verbot von Massentierhaltung. Der Bundesverband entwicklungspolitischer und humanitärer Nichtregierungsorganisationen (Venro) forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, „die Blockade für höhere EU-Klimaziele“ zu beenden.

Die Säulen einer erfolgreichen Klimastrategie seien eine nachhaltige Energieversorgung, eine robuste und ökologische Landwirtschaft, emissionsarme Mobilität und saubere Luft in unseren Städten, betont auch Klimaexpertin Mattheß: Von einer emissionsärmeren Wirtschaftsweise „können letztlich alle profitieren – Menschen wie Unternehmen.“

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