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Impfkampagne gegen Corona: Dänemark an der EU-Spitze

Dänemark kann derzeit auf die beste Impfquote innerhalb der Europäischen Union verweisen. Das liegt auch daran, dass für die zweite Impfdosis erstmal keine Reserve angelegt wird. Derweil steigt der Druck auf die Regierung, die Maßnahmen zu lockern.
von Philipp Fink · 10. März 2021
Mit Schnelltest zu den Tieren: In Dänemark dürfen Zoos wieder öffnen.
Mit Schnelltest zu den Tieren: In Dänemark dürfen Zoos wieder öffnen.

Dänemark ist der Spitzenreiter bei den Corona-Impfungen innerhalb der Europäischen Union. Die Pflegeheime sind inzwischen komplett geschützt. Rund eine halbe Million Impfungen wurden getätigt. Das entspricht 8,34 Impfdosen pro 100 Einwohner. Die dänische Regierung setzt darauf, so vielen Menschen wie möglich die erste Dosis zu verabreichen, während in anderen Ländern Ampullen für die zweite Impfung zurückgehalten werden. Außerdem wird je nach Vakzin die Zeit bis zur zweiten Impfung gestreckt und so viel wie möglich aus den Arzneifläschchen entnommen, sodass bis zu sieben Dosen aus einer Ampulle gezogen werden.

Bis Ende Juni will die dänische Regierung die gesamte Bevölkerung geimpft haben oder zumindest allen ein entsprechendes Angebot unterbreiten. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen allerdings täglich bis zu 100 000 Impfungen verabreicht werden. Die Impfkampagne und ein enormer Druck aus der Bevölkerung haben die dänische Regierung jetzt zu Lockerungen in der Corona-Politik veranlasst. Geschäfte dürfen wieder öffnen. Zoos und Freilichtmuseen lassen Besucher ein, wenn sie einen negativen Corona-Test nachweisen können. Auch Sport mit bis zu 25 Leuten wird wieder möglich. Schülerinnen und Schüler dürfen in den Präsenzunterricht, wenn sie zwei Tests in einer Woche mit negativem Ergebnis haben.

Corona-Mutation trifft auf Corona-Müdigkeit

Obwohl die britische, ansteckendere Variante des Virus in Dänemark die Oberhand gewonnen hat, geht die dänische Regierung diesen Weg der Lockerungen. Die Corona-Müdigkeit in der Bevölkerung zwingt sie augenscheinlich dazu, auch wenn der Preis recht hoch sein könnte. In Dänemark rechnet man nun bewusst bis Mitte April mit knapp 900 Corona-Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das sind vier Mal mehr als aktuell. Die Premierministerin nennt diesen Weg die Politik des „kalkulierten Risikos“, die eine dritte Welle in Kauf nimmt, solange das Gesundheitssystem standhält. Sie will damit weg vom Vorsorgeprinzip, bei dem es darum geht, möglichst viele Infektionen zu verhindern. Die fortschreitenden Impfungen verschaffen ihr politischen Rückenwind.

Organisiert wird die Impf-Reihenfolge durch die fünf Regionen Dänemarks, die jedoch unter der Fachaufsicht der Gesundheitsbehörde stehen, die zum nationalen Gesundheitsministerium gehört. Alle Geimpften werden in einer Datenbank des staatlichen Serum-Instituts erfasst. Termine gibt es über die digitale Personennummer und die E-Krankenakte, die jede Dänin und jeder Däne hat, ebenso alle, die ein Aufenthaltsrecht in Dänemark haben. Mit diesen Daten werden den Versicherten Angebote für eine Impfung gemacht. Die Terminvergabe erfolgt digital über die zentrale Website vacciner.dk.

Impfangebot in Arztpraxen und Apotheken

Geimpft wird in Dänemark in 30 Impfzentren oder direkt in Pflegeheimen. Da Letztere inzwischen versorgt sind, können nach der Impfung der Risikogruppen auch niedergelassene Ärzte und Ärztinnen die Spritzen verabreichen. Auch in Apotheken darf die allgemeine Bevölkerung geimpft werden. Außerdem können die Firmen ihre Belegschaften impfen. Dass die elektronische Personennummer und die digitale Krankenakte nicht unfehlbar sind, zeigte die Anfangsphase der Kampagne. Zu viele Impfangebote wurden verschickt. Die daraus resultierende starke Nachfrage nach Terminen legte den Zugang zur zentralen Website für die Terminvergabe vorübergehend lahm. Abgesehen davon profitiert das Land jedoch von seiner digitalen Infrastruktur im Gesundheitswesen. Die Behörden können auf die digitalen Patientenakten zurückgreifen, um die Risikogruppen zu klassifizieren.

Jede Person, die in Dänemark gegen das Corona-Virus geimpft wird, soll einen digitalen Impfausweis erhalten. Der E-Impfpass war schon in Vorbereitung, seine Einführung soll nun beschleunigt werden. Auch wenn mit dem Nachweis einer Impfung keine Privilegien verbunden sein sollen, entspinnt sich in Dänemark wie in Deutschland eine Debatte um „Impf-Privilegien“. Einige Wirtschaftsbereiche hoffen, dass mit diesem E-Impfpass das öffentliche Leben in Dänemark wieder zur Normalität zurückkehren wird. Die ersten Profiteure des digitalen Impfpasses stehen zumindest schon fest: Auslandsreisen für Geschäftsleute sollen damit erleichtert werden.

Dieser Artikel erschien zuerst im IPG-Journal am 5. März.

Autor*in
Philipp Fink

ist Direktor des Nordischen Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Stockholm.

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