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Impfkampagne in Bangladesch: Achterbahn mit Indien, Russland und China

Bangladesch kam mit der Impfkampagne zunächst gut voran. Dann kam Delta, die Versorgung mit Impfstoff aus Indien brach zusammen. Nach Notfallzulassungen von Sputnik V und Sinopharm hofft man jetzt auf einen eigenen Impfstoff: Bangavax.
von Felix Kolbitz · 8. Februar 2022
Zeitweise geriet die Impfkampagne in Bangladesch ins Stocken – das Land forscht auch an einem eigenen Mittel.
Zeitweise geriet die Impfkampagne in Bangladesch ins Stocken – das Land forscht auch an einem eigenen Mittel.

Bangladeschs Impfkampagne bleibt von Höhen und Tiefen geprägt. Sie begann dank eines Abkommens mit Indien und dem dort ansässigen Serum Institute bereits Anfang 2021. Schnell folgten landesweite Massenimpfungen. Ein von Anfang an gut funktionierendes digitales Anmeldesystem trug zum Erfolg zwar maßgeblich bei, machte die Impfregistrierung aber für diejenigen zur Herausforderung, die nicht über einen Internetanschluss verfügen.

Mit dem Impfstoff-Exportstopp Indiens im April 2021 brach die Impfkampagne in Bangladesch zunächst zusammen, konnte aber über die Notfallzulassung von Sputnik V aus Russland und Sinopharm aus China zügig wieder aufgenommen werden. Sinopharm schloss mit dem bangladeschischen Unternehmen Incepta im August 2021 ein Abkommen, um 5 Millionen Dosen pro Monat in Bangladesch abzufüllen und zu verteilen. Nach eigenen Angaben könnte Incepta bis zu 800 Millionen Dosen pro Jahr abfüllen. Produziert wird der Impfstoff jedoch nicht in Bangladesch.

Bangavax: Erste Studien mit Verzögerung

Auch in Bangladesch arbeitet man an der Entwicklung eines eigenen Impfstoffs: Bangavax. Der Medizinische Forschungsrat von Bangladesch (BMRC) hat Bangavax – Hersteller ist Globe Biotech Limited – im November 2021 grundsätzlich für Versuche am Menschen zugelassen. Die Studien laufen derzeit und werden wohl noch mindestens sechs Monate andauern. Aufgrund von Bürokratie und wissenschaftlichen Komplikationen kam es bei der Beantragung der Zulassung zu mehrmonatigen Verzögerungen. Da diese Verfahren langwierig sind, könnten weitere Mutationen des Virus dazu führen, dass Bangavax bereits veraltet ist, wenn er zugelassen wird. Wäre Bangavax erfolgreich, könnte es einen wesentlichen Beitrag zur Überwindung der Impfstoffknappheit in Bangladesch und im Globalen Süden leisten. Bangladesch könnte sich von ausländischen Lieferungen unabhängig machen, wodurch die Impfkampagne zweifellos reibungsloser ablaufen würde.

Impfskepsis ist in der Bevölkerung bislang nur gegenüber chinesischen Impfstoffen zu beobachten. Diese haben den Ruf, wenig wirksam zu sein beziehungsweise ihre Wirksamkeit schneller zu verlieren. Insgesamt ist die Impfbereitschaft sehr hoch. Die Regierung hat sich ambitionierte Ziele gesteckt und plant, bis März einen Großteil der Bevölkerung geimpft zu haben. Laut WHO sind bislang nur etwa 35 Prozent der knapp 170 Millionen Einwohner geimpft.

Hohe Infektionswelle trifft auf sinkende Disziplin

Seit Ende Januar 2022 steigen die Infektionszahlen durch die Omikron-Variante rapide an – eine gefährliche Entwicklung angesichts des niedrigen Impfstands. Gleichzeitig ist in der Bevölkerung der Wille, Masken zu tragen, Abstand zu halten und Kontakte zu reduzieren erheblich gesunken. Meldungen aus Europa, dass Omikron nur milde Verläufe habe, führen dazu, dass ein signifikanter Teil der Bevölkerung die Gefahr nicht mehr ernst nimmt. Die Regierung versucht, diesem Problem mit einer Booster-Kampagne zu begegnen. Ende Januar 2022 waren knapp eine Million Menschen geboostert.

Bangladesch hat eine große Generika-Pharmaindustrie und das technische Know-how, Impfstoffe, auch mit mRNA-Technologie, selbst zu produzieren. Bisher ist die Regierung allerdings auf Abkommen mit den Pharmariesen des globalen Nordens angewiesen, um in eine patentrechtlich legale Produktion einzusteigen. Selbst wenn die Patente jedoch freigegeben würden, müsste Bangladesch die eigenen bürokratischen Zulassungssysteme verschlanken und beschleunigen, um eine zeitnahe Produktion zu ermöglichen.

Dieser Artikel erschien zuerst im IPG-Journal.

Autor*in
Felix Kolbitz

Felix Kolbitz ist Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bangladesch.

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