Einer der hundert einflussreichsten Menschen der Welt sei er, urteilte das Time Magazin 2013. Doch trotz dieser vermeintlichen Macht kann der ägyptischen Satiriker Bassem Youssef in seinem Heimatland nicht mehr arbeiten. Hierauf reagiert er mit seiner stärksten Waffe, seinem Humor.
„Sich über die Muslimbrüder lustig zu machen, war einfacher,“ erzählt Bassem Youssef. „Stolzer bin ich auf die neuen Folgen.“ In denen parodiere er nicht nur die Elite, sondern die derzeitige Atmosphäre in Ägypten. Eine Art Überlebensstimmung herrsche, erzählt der Satiriker am Freitag in der Akademie der Künste in Berlin. Egal welche Gruppe in Ägypten die Macht inne hat, den beißenden Humor des studierenden Kardiologen mögen sie alle nicht. Zu beißend, zu treffend ist er.
Die staatliche TV-Berichterstattung über die Demonstranten auf dem Taksim-Platz während der ägyptischen Revolution war die Initialzündung für Youssefs Erfolg. Er persiflierte die Nachrichten und stellte seine Video-Clips via Youtube ins Netz. Der Erfolg, in Klickzahlen messbar, führte zur eigenen Show und macht Youssef und seine Nachrichten-Satire „El Bernameg“ (Das Programm), ähnlich angelegt wie die deutsche Heute-Show im ZDF, über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Von mehr als „40 Millionen Zuschauern“ am Freitagabend spricht Youssef.
Überlebensangst der Kritiker
Bekannt, aber nicht unbedingt beliebt ist der Satiriker: Weder bei allen Zuschauern, noch bei der Herrschenden. „Am Anfang hab ich mich gefragt, warum beleidigen die jetzt meine Mutter?“, sagt Youssef. Er habe aber gelernt, dass das Internet ein Pool des Hasses sei und reagiere mittlerweile nicht mehr auf die Anfeindungen. „Das ist nur ein Teil des Volkes, aber ein sehr lauter.“
Wegen seiner Witze über den damaligen Präsidenten Mohammed Mursi wurde Youssef Ende März verhaftet. Präsidentenbeleidigung und Verunglimpfung des Islams lautete der Vorwurf. „Es war keine Frage, ob die Sendung verboten wird, nur wann. Wir haben das erwartet. Wir haben die Jokes nach dem Motto geschrieben: ‚Dieser wird die Sendung stoppen’, ‚Nein, der hier bringt uns ins Gefängnis.` – Es war eine nette Atmosphäre.“ Youssef grinst.
Gegen Zahlung einer Kaution wurde er wieder freigelassen. Einschüchtern ließ er sich davon nicht. Selbst aus dem Verhör twitterte er. Doch jetzt, kurz nach der Präsidentschaftswahl von Abd al Fattah al Sisi im Mai, verkündetet Youssef das Ende seiner Show. „Der Druck auf uns und die Produktion war zu hoch. Ich werde keine Details erzählen, aber es war offensichtlich für uns, dass wir aus Sicherheitsgründen nicht weiter machen können.“
„Kritiker leben wieder gefährlich am Nil“ schrieb der früherer ARD-Korrespondet Jörg Armbruster nach der Wahl al Sisis im vorwärts. Reporter ohne Grenzen sieht das Land auf der Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 159 von 180 und auch Youssef sagt: „Über die Pressefreiheit braucht man in Ägypten nicht reden, das ist so offensichtlich wie der Himmel blau.“
Dennoch hat der Satiriker Hoffnung für sein Land: „Über 60 Prozent der Bevölkerung sind unter 35 Jahre alt. Du kannst die Herzen dieser Generation nicht einfach gewinnen, sie sind kritisch.Die können vielleicht jetzt dominiert werden, aber nicht für immer.“