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Hollande will „schneller vorankommen“

von ohne Autor · 22. August 2014
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Der französische Präsident Hollande hält an seinem Reformkurs fest. Und das, obwohl der Erfolg bisher ausblieb. Kritik gibt es nicht nur von der Opposition, sondern auch vom linken Flügel seiner Sozialisten. Die Konservativen stellen sich unterdessen schon für die Präsidentschaftswahl 2017 auf: mit Ex-Premier Juppé als dem derzeit beliebtesten Politiker Frankreich

"Wir müssen schneller vorankommen und weiter". Mit diesem ehrgeizigen Satz hat sich der französische Präsident François Hollande am Mittwoch aus seinem Sommerurlaub zurückgemeldet. In einem Interview mit der Zeitung "Le Monde" machte  der Sozialist klar, dass er trotz schlechter Konjunktur nichts an seinem Kurs ändern will. "Jeder Schwenk und jedes Zickzack würde unsere Politik unverständlich machen und keine Ergebnisse bringen", sagte Hollande, der von seinen Gegnern als weich und nachgiebig kritisiert wird.

Doch an seinem Verantwortungspakt will der 60-Jährige festhalten. In einer spektakulären Wende hin zu einem sozialdemokratischen Kurs hatte der Staatschef im Januar angekündigt, Unternehmen um insgesamt 40 Milliarden Euro zu entlasten. Davon verspricht sich die Regierung im Gegenzug neue Arbeitsplätze, zu denen sich die Arbeitgeber aber nicht verpflichtet haben. Kritiker fürchten deshalb, dass die Milliarden letztlich nur den Aktionären zugute kommen. Der linke Flügel der Sozialisten fordert ebenso wie Kommunisten und einige Grüne, den Pakt zurückzunehmen. "Er ist wirtschaftlich eine Verirrung und aus sozialer Sicht nicht hinnehmbar", kritisierte die sozialistische Senatorin Marie-Noëlle Lienemann.

Wachstumsprognose halbiert

Bisher zeigt der Verantwortungspakt noch keine Wirkung auf dem Arbeitsmarkt: Die Arbeitslosenzahl lag Ende Juni mit fast 3,4 Millionen  Menschen auf einem Rekordhoch. Das dürfte auch so bleiben, denn die Wirtschaft stagniert in Frankreich. Nach einem Nullwachstum im zweiten Quartal musste die Regierung ihre Prognose für dieses Jahr auf 0,5 Prozent halbieren. Ein Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), doch mehr für das Wachstum zu tun, verhallte.  Bundesbankpräsident Jens Weidmann belehrte Hollande dagegen in "Le Monde": "Das Wachstum müsste von innen kommen. Es liegt nicht an den Nachbarregierungen und der EZB, sondern an jeder Regierung, bei sich ein günstiges Umfeld für Innovation und Beschäftigung zu schaffen."

Die schlechten Wachstumszahlen sind auch ein gefundenes Fressen für die konservative Opposition. "Die Regierung treibt unser Land seit zwei Jahren immer weiter in die Rezession", kritisierte der Generalsekretär der konservativen UMP, Luc Chatel. Ohne das erwartete Wachstum steigt auch das Haushaltsdefizit weiter. Mit einem Defizit von mehr als vier Prozent rechnet die Regierung in diesem Jahr – weit über der EU-Marke von drei Prozent, die Frankreich eigentlich 2015 erreichen sollte. Doch da setzt der Präsident noch einmal auf die Nachgiebigkeit der EU, die ihm schon 2013 eine Schonfrist einräumte. "Ich fordere nicht, dass man die Regeln ändert, sondern dass man sie mit aller Flexibilität anwendet, die in den Verträgen für besondere Umstände vorgesehen ist." Diese Flexibilität dürfte auch Thema des Treffens sozialistischer und sozialdemokratischer Regierungschefs sein, zu dem Hollande vor dem EU-Gipfel nächste Woche in Paris einladen will. Da dürfte es auch um die EU-"Wachstums-Agenda" mit staatlichen Investitionen gehen, die Hollande im Juni gefordert hatte.

Dem Staatschef bleiben nicht mehr viele Möglichkeiten, um bis zum Ende seiner Amtszeit in gut zweieinhalb Jahren das zu schaffen, was er sich als Hauptaufgabe vorgenommen hatte: die Verringerung der Arbeitslosigkeit. Dass er es überhaupt schaffen kann, glaubt nur noch eine kleine Minderheit. Mehr als acht von zehn Franzosen haben laut einer Umfrage vom Wochenende kein Vertrauen mehr in die Regierung.

Juppé ist der beliebteste Politiker Frankreichs

Mitten in die schlechten Umfragewerte platzt diese Woche die Kandidatur des derzeit beliebtesten französischen Politikers für das Präsidentenamt. Ex-Regierungschef Alain Juppé kündigte am Mittwoch an, bei den Vorwahlen seiner konservativen Oppositionspartei UMP 2016 zu kandidieren. 74 Prozent der Franzosen haben ein positives Bild von dem Mann, der in seiner Zeit als Premierminister in den 90er Jahren wegen seiner Sparpolitik so verhasst war.

Doch das scheinen seine Landsleute vergessen zu haben. Juppé wird inzwischen verehrt, weil er seine Stadt Bordeaux als Bürgermeister gut regiert und in seiner von Machtkämpfen zerrissenen UMP für Ruhe gesorgt hat. Er ist ein Mann der Mitte, der sich im Gegensatz zu Ex-Präsident Nicolas Sarkozy gegen den rechtspopulistischen Front National (FN) deutlich abgrenzt. Ambitionen auf das Präsidentenamt wurden ihm schon vor der Wahl 2012 nachgesagt. Da verzichtete er noch zugunsten von Sarkozy, der dann gegen Hollande verlor. 2017 könnte Sarkozy es noch einmal versuchen, doch diesmal wird er sich einem Machtkampf mit Juppé stellen müssen.

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