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Heiko Maas: Wie Europas Antwort auf die USA aussehen sollte

Zur Eröffnung der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung weist Bundesaußenminister Heiko Maas auf die Veränderungen in den europäisch-amerikanischen Beziehungen hin. „America First“ gelte es, mit einem starken, souveränen und solidarischen Europa zu begegnen.
von Jonas Jordan · 28. November 2019
Heiko Maas spricht auf der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung über Europas Rolle in der Welt.
Heiko Maas spricht auf der Tiergartenkonferenz der Friedrich-Ebert-Stiftung über Europas Rolle in der Welt.

Innerhalb weniger Sätze gelang es Heiko Maas, vom Betzenberg in Kaiserslautern zu den deutsch-amerikanischen Beziehungen zu kommen. Der Bundesaußenminister wollte auf den Begriff der „memory bias“ hinaus, wonach besonders erfreuliche Ereignisse im Bewusstsein bleiben, während andere in Vergessenheit geraten.

So habe in den vergangenen Jahren kaum merklich der Rückzug der USA aus dem weltpolitischen Geschehen begonnen. Bereits unter Barack Obama sei Zurückhaltung die Maxime der US-Außenpolitik gewesen. Mit Trumps „America First“-Strategie sei dieser außenpolitische Wandel stärker spürbar denn je. „Bildlich gesprochen: Der Weltpolizist zieht sich in sein Hauptquartier zurück. Und von dort aus zielt er nun mit Sanktionen und Zöllen auf die Gegner und Konkurrenten in der Welt“, sagte Maas.

Für starkes, souveränes und solidarisches Europa

Diese veränderte Strategie treffe Europa gleich doppelt. Zum einen werde Europa zum Ziel beziehungsweise Kollateralschaden, beispielsweise durch Zölle auf europäische Produkte oder durch die Auswirkungen amerikanischer Sanktionen auf das Nuklearabkommen mit dem Iran. Zum anderen nutzten andere Mächte wie Russland oder China das Vakuum, das durch den Rückzug der USA entstehe. Davon würden die Sicherheit und die Interessen Europas ebenfalls bedroht. Maas sagte daher: „Es reicht nicht, auf die Rückkehr alter Zeiten zu hoffen, denn sie werden nicht mehr wiederkommen.“

Maas betonte, für ein starkes, souveränes und solidarisches Europa eintreten zu wollen, das seine Interessen in der Welt durchsetzen könne. „Die Zeit, dieses Europa zu schaffen, ist nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt. Denn allzu viel Zeit bleibt uns nicht mehr.“ Um die Fliehkräfte innerhalb Europas zu bekämpfen, habe Deutschland insbesondere die Beziehungen zu den Staaten Ost- und Mitteleuropas in den vergangenen Monaten intensiviert. Maas sagte, es sei ein „zutiefst sozialdemokratischer Auftrag“, Brücken zwischen Ost und West in Europa zu bauen.

Gegen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten

Zugleich sprach sich der Minister klar gegen ein Europa der zwei Geschwindigkeiten aus: „Viele in Mittel- und Osteuropa haben die Sorge, dass sie in Zukunft lediglich noch zu einem Europa zweiter Klasse gehören. Dass sich die Staaten, die willens und fähig sind, enger zusammenschließen, ihre Integration vertiefen und ein Kerneuropa bilden, das vorangeht, dem sich andere gegebenenfalls anschließen können oder müssen. Ich halte das nicht für den richtigen Weg.“ Europa könne nur geeint Interessen und Werte durchsetzen. Alles andere beschädige nicht nur die Handlungsfähigkeit der EU nach innen, sondern auch die Durchsetzung der Interessen und Werte nach außen.

Maas kündigte einen mit Frankreich abgestimmten Vorschlag an, wie ein Europäischer Sicherheitsrat aussehen könne. Zugleich wolle Deutschland während seiner EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 ein Kompetenzzentrum für ziviles Krisenmanagement für die gesamte EU in Berlin gründen. „Wir sind der Auffassung, dass wir uns im Umgang mit Krisen nicht immer erst zusammensetzen dürfen, wenn schon geschossen wird, sondern vorher, präventiv, und dass wir damit auch Europas Rolle als Friedensmacht stärken können“, sagte der SPD-Politiker.

Mehr Zusammenhalt statt neuer Gräben

Der Bundesaußenminister sagte außerdem, bei der Einrichtung eines gemeinsamen Hauptquartiers für alle Einsätze im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU vorankommen zu wollen. Das sei lange überfällig. Darüber hinaus müsse Europa als Partner innerhalb der NATO gestärkt werden – im Sinne einer besser ausbalancierten transatlantischen Partnerschaft. Maas äußerte sich in diesem Kontext kritisch zu den jüngsten Äußerungen des französischen Präsidenten Macron bezüglich der NATO und stellte klar: „Gedankenspiele über eine Entkopplung amerikanischer und europäischer Sicherheit machen mir Sorgen, nicht nur mit Blick auf unsere eigene Sicherheit. Sondern vor allen Dingen, weil ich befürchte, dass sie Europa entzweien.“ Es brauche keine neuen Gräben, sondern stattdessen mehr Zusammenhalt und mehr Zusammenarbeit. 

Autor*in
Jonas Jordan
Jonas Jordan

ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo

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