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Heiko Maas: Europa muss gegen die USA zusammenstehen

Bundesaußenminister Heiko Maas will auf amerikanischen Druck mit europäischer Geschlossenheit reagieren. Trotz der Drohung Trumps mit einem „Handelskrieg“ und „größt‘ möglichem Druck“ aus Washington in der Iran-Frage habe die EU zusammengehalten. Das sei auch künftig unverzichtbar.
von Lars Haferkamp · 20. Februar 2019
Außenminister Heiko Maas: „Wenn es um Frieden geht, geht es immer auch um Europa.“
Außenminister Heiko Maas: „Wenn es um Frieden geht, geht es immer auch um Europa.“

Nur zwei Tage nach der Münchner Sicherheitskonferenz traf sich am Dienstag in Berlin das Programmforum Frieden der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE). Hauptredner war Bundesaußenminister Heiko Maas. Er berichtete den Teilnehmern von seinen Erfahrungen in München.

Heftigste Auseinandersetzung innerhalb des Westens

Dort habe es bisher oft Auseinandersetzungen zwischen Ost und West oder zwischen den Blöcken gegeben. „Aber dieses mal gab es die heftigste Auseinandersetzung innerhalb dessen, was man früher einmal als den Westen bezeichnete“, berichtet Maas. Dabei hätten sich zwei Modelle gegenübergestanden: das des Unilateralismus, das Maas etwas salopp mit den Worten „Jeder macht was er will“ beschreibt, und das Modell des Mulilateralismus, in dem gemeinsam nach Lösungen gesucht werde.

Das erste Modell habe die Rede von US-Vizepräsident Mike Pence repräsentiert. Die Rede „in der mehr oder weniger Gefolgschaft eingefordert wurde gegenüber den Vereinigten Staaten“ sei „allenfalls auf großes Schweigen gestoßen“. Die Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel dagegen sei „von der Konferenz mit großem Applaus und großer Zustimmung bedacht worden“.

Internationale Unterstützung für Europäer

Deutsche und Europäer hätten in München mit ihrem multilateralen Ansatz von vielen Staaten große Zustimmung erhalten. „Daraus kann man vor allen Dingen eine Schlussfolgerung ziehen: dass wir alles andere als allein sind.“ Der Außenminister zeigt sich nicht unzufrieden: „Ich habe diese Konferenz nicht ratlos verlassen, vielleicht ist mein Problembewusstsein noch etwas gestiegen, ich habe auch mit etwas Zuversicht diese Konferenz verlassen.“

Für Heiko Maas ist klar, dass die großen Herausforderungen der Zeit „grenzenlos“ sind: Die Globalisierung, die Digitalisierung, der Klimawandel und die Migration. „Wer in dieser Zeit glaubt, dass die Rückbesinnung auf nationale Lösungsansätze auch nur ein Problem lösen kann, der ist wirklich auf dem Irrweg.“

Gegenüber Washington nicht klein beigeben

In den kommenden Jahren werde es „ganz wesentlich darauf ankommen, dass sich die Europäische Union entlang ihrer Grundwerte zusammenrauft“ und die Probleme gemeinsam angehe. Es habe in der EU nie eine Zeit gegeben, in der alle Staaten einer Meinung gewesen seien. Maas nennt zwei Beispiele, in denen die EU aktuell auch unter größtem Druck gemeinsamen ihre Werte vertrete:

Dazu gehöre zuerst der Handelsstreit mit den USA. Die EU habe sich nach den Strafzöllen der USA auf Stahl und Aliminium schnell „auf geeignete Gegenmaßnahmen verständigt“. Trotz „der Versuche der Vereinigten Staaten, einzelne Mitgliedsstaaten der EU aus der Geschlossenheit herauszulösen“ habe man bis heute zusammengestanden. Die EU-Kommission sei mit den Verhandlungen betraut „weil sie auch dafür zuständig ist, sich mit den Vereinigten Staaten auseinanderzusetzen und dabei auch nicht klein beizugeben“.

Enormer Druck der USA

Diese Geschlossenheit sei auch wichtig in der aktuellen Debatte über US-Strafzölle auf europäische Fahrzeuge. „Das ist ehrlich gesagt ein Handelskrieg, ein Wirtschaftskrieg teilweise“, so der Außenminister. Die EU trotz des enormen Drucks zusammenzuhalten sei „eine nicht zu unterschätzende Leistung“.

Als zweites positives Beispiel für den Zusammenhalt der EU nennt Maas das Nuklearabkommen mit dem Iran, das zusammen mit den USA verhandelt und vereinbart worden sei. „Für Frieden und Sicherheit in Europa ist es ganz existenziell, dass ein Staat wie der Iran nicht in den Besitz einer Atombombe kommt.“ Bis heute habe der Iran nicht gegen das Abkommen verstoßen. Die EU stehe trotz der Kündigung der USA geschlossen hinter dem Iran-Abkommen, „trotz des größt‘ möglichen Drucks“ aus Washington. Maas Fazit: „Ich bin zuversichtlich, dass es uns auch in Zukunft gelingen wird, in zentralen Fragen die EU zusammenzuhalten.“

INF-Vertrag retten und erweitern

Ebenso engagiert und entschlossen wünscht sich der Außenminister die EU in der Frage des INF-Vertrages, einer „der großen sicherheitspolitischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte“. Alle vorliegenden Informationen bestätigten leider, dass Russland den Vertrag durch neue Raketen gebrochen habe. Maas warnt vor einer neuen Nachrüstungsdebatte, analog zum Nato-Doppelbeschluss von 1979. Die Lösungen der damaligen Zeit könnten nicht die Lösungen von heute sein. „Letztlich geht es um europäische Sicherheit“, so Maas. Deshalb müssten sich die Europäer aktiv an der Debatte beteiligen und sich einmischen. Die Bereitschaft dazu, etwa in der Bevölkerung, sei noch gering. „Das kann aber nicht so bleiben.“

Ein Defizit des INF-Vertrages sieht der Außenminister darin, dass er andere Atommächte wie China, Nord-Korea und Pakistan nicht einbeziehe. Die Debatte über Abrüstung und Rüstungskontrolle dürfe sich daher nicht auf die USA und Russland beschränken. Sie müsse auch angesichts einer Vielzahl neuer Hightech-Waffensysteme über bisherige Atomwaffen hinausgehen. Deutschland werde dazu Mitte März eine Abrüstungskonferenz veranstalten, die sich mit diesen Problemen beschäftigen werde. Die Bundesregierung werde auch die deutsche Mitgliedschaft im UN-Sicherheitsrat nutzen, um Abrüstung und Rüstungskontrolle wieder auf die internationale Tagesordnung zu setzen.

Deutschland als Motor europäischer Friedenspolitik

Es reiche aber nicht, wenn Deutschland hier alleine aktiv werde. „Dazu brauchen wir eine europäische Initiative“, betont der Außenminister. Auch in der Abrüstungsfrage sehe man, „dass wir europäische Lösungen brauchen“. Deutschland alleine werde Washington, Moskau oder Peking nicht davon überzeugen können, diese notwendige Abrüstungsdebatte zu führen. „Wenn es um Frieden geht, geht es auch immer um Europa. Europa ist das erfolgreichste Friedensprojekt der Geschichte.“ Deutschland werde weiter Motor europäischer Friedenspolitik sein. „Das haben wir uns fest vorgenommen“, bekräftigt Heiko Maas.

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