Claus Matecki, Mitglied im Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB)
"Anscheinend hilft nicht das Argument, sondern lediglich das Aufzeigen von Konsequenzen"
"Man muss es sich auf der Zunge zergehen lassen: Rund 100 Millirden Euro Steuern aus Gewinnen und Einkommen gehen jährlich am deutschen Fiskus vorbei. Illegal hinterzogen oder
legal grenzüberschreitend gestaltet, wie es so schön heißt. Wer da im Staat nicht unruhig wird, muss zur Staatsverschuldung für immer schweigen.
Dabei steht außer Frage: Deutschland ist in Fragen der Bekämpfung grenzüberschreitender illegaler Steuerflucht auf die Kooperation derjenigen Staaten angewiesen, die Zielländer
der Steuerflüchtigen sind. Das zum Zweck der Verhinderung von Steuerhinterziehung effektivste Instrument - der automatische Informationsaustausch über jegliche Kapitalerträge von Privaten und
Unternehmen an die Sitzstaaten der Steuerpflichtigen - müsste unter demokratischen Staaten selbstverständlich sein. Denn nur so können legitime Besteuerungsansprüche durchgesetzt werden. Davon
sind wir im europäischen und noch viel mehr im internationalen Rahmen jedoch weit entfernt.
Insofern stellt der Entwurf für ein Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz ein wichtiges Instrument dar, wie einzelne Staaten vor dem Hintergrund der Kapitalverkehrsfreiheit
überhaupt noch agieren können, um kooperationsunwillige Staaten wenigstens ansatzweise zum Informationsaustausch zu bewegen. Denn anscheinend hilft in diesem Zusammenhang nicht das gute
demokratische Argument, sondern lediglich das Aufzeigen von Konsequenzen.
Das wird Deutschland mitnichten zur Investitionsruine machen, wie viele Bankenvertreter derzeit das Horrorgemälde zeichnen. Wer aber mit Steueroasen Geschäfte macht, tut dies vor
allem, weil er seine Bürgerpflichten - legal und illegal - umgehen möchte. Dass dieser Art von deal künftig der Riegel vorgeschoben werden soll, ist richtig und löst keine Mitleidstränen aus. Es
ist höchste Zeit, dass Konten und Geld an den Orten rechtssicher und erfahren betreut werden, die nicht auf einen ruinösen Steuer- und Regulierungswettbewerb abzielen."
Heinz-Udo Schaap, Mitglied der Geschäftsführung des Bundesverbandes
deutscher Banken (BDB)
"Die Masse der ehrlichen Steuerpflichtigen nicht unter Generalverdacht stellen"
Die Erfüllung steuerlicher Pflichten sollte für jeden Bürger und jedes Unternehmen selbstverständlich sein. Nur so ist zu gewährleisten, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann. Steuerhinterziehung ist daher - wie Schwarzarbeit und Sozialbetrug auch - zu bekämpfen.
Über das Ziel sind sich alle einig, über den Weg nicht. So wird der Entwurf eines Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes zu Recht kritisiert. Das notwendige Vorgehen gegen Steueroasen sollte jedenfalls nicht dazu führen, die Masse der ehrlichen Steuerpflichtigen unter den Generalverdacht der Steuerhinterziehung zu stellen - nur weil sie geschäftlich in diesen Ländern zu tun haben. In den Fokus würden damit nämlich beispielsweise Supermarktketten rücken, die ganz legal Milchprodukte aus der Schweiz importieren. Sollten die vorgesehenen, umfangreich zu erbringenden Auskünfte dem Finanzamt nicht ausreichen, drohen Betroffenen schließlich erhebliche steuerliche Nachteile.
Der geplante nationale Alleingang wäre zudem ein eklatanter Eingriff in bilaterale und supranationale Vereinbarungen. Deutschland würde sich dadurch isolieren und Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des eigenen Standorts provozieren.
Mehr Erfolg verspricht daher das auf dem G20-Gipfel vereinbarte internationale Vorgehen. In dessen Folge haben Länder wie die Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein jetzt ihre Bereitschaft zur Übernahme der OECD-Standards signalisiert. Diese sehen vor, dass Finanzbehörden in begründeten Fällen anderen Ländern Auskünfte über steuerliche Verhältnisse von einzelnen Privatpersonen und Unternehmen erteilen müssen. Notwendig ist deshalb nicht eine vermeintlich härtere Gangart, sondern die Umsetzung der Zusagen. Dann sind wir bei der Bekämpfung der Steuerhinterziehung einen großen Schritt vorangekommen. Wirtschaft und Banken unterstützen dies ohne Vorbehalte.
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Dieser Artikel erscheint in der neuesten
Ausgabe des vorwärts - ab den Samstag, den 25. April 2009 am Kiosk.